
Pfarrer Dr. Johann Dzierzon
* 16.11.1811 Bienendorf
† 26.10.1906
Pfarrer Dr. Johann Dzierzon
Dzierzon, Johannes, Pfarrer aus Schlesien, gehört zu den großen Bienenforschern der neuen Zeit. Baron von Berlepsch hat in einem einzigen Satz die Bedeutung Dzierzons umrissen, als er schrieb: Er erfand den Stock mit der beweglichen Wabe und war so, unterstützt durch eine höchst seltene Beobachtungs- und Kombinationsgabe, in den Stand gesetzt, die Geschlechts-verhältnisse und das sonstige seit Jahrtausenden verborgene Leben und Wesen der Bienen zu entschleiern. Dr. Johannes Dzierzon wurde am 16. Januar 1811 in Bienendorf (bis 1937 Lowkowitz, dann zu Ehren Dzierzons in Bienendorf umbenannt) im Kreise Kreuzburg in Schlesien als zweites Kind des Bauern Simon Dzierzon und seiner Frau Maria (geb. Jantos) geboren und ist dort am 26. Oktober 1906 gestorben. Dzierzon ist der Begründer der neuen deutschen Bienenzucht geworden. Schon in seiner Jugend lernte er bei seinem Vater, der in Klotzbeuten imkerte, die Bienenzucht kennen. Er war ein großer Naturfreund, sehr begabt, wurde von seinen Eltern auf das Gymnasium nach Breslau geschickt und studierte dann ka-tholische Theologie. 1837 ging er als Pfarrer nach Karlsmarkt, wo er bald einen eigenen Bie-nenstand hatte, der schließlich 500 Völker aufwies, verteilt auf verschiedene Ortschaften. Sehr bald kam auch der Erfinder in ihm zum Durchbruch. Die Klotzbeuten waren ihm in der Behandlung zu umständlich, und so wandte er sich den damals besonders gelobten Magazin-beuten zu, indem er etwa einen Zoll breite Stäbchen mit Vorbau benutzte, wie es auch Pfarrer Christ schon getan hatte. Auch diese Beuten aber wiesen Dzierzon noch zu viele Mängel auf, und so baute er regelrechte Bienenkästen mit fester Decke und festem Bodenbrett, und zwar, um Holz zu sparen und die Wärme besser ausnutzen zu können, als Zwillingsbeuten. Die Beuten waren hinten mit einer Tür versehen und wurden gestapelt. In seinem Buch Rationelle Bienenzucht hat er eine ausführliche Beschreibung seiner Beuten geliefert. Neben die-ser Erfindertätigkeit regte sich aber in Dzierzon auch bald der verstandesscharfe Beobachter und Forscher. Wie er in der Praxis durch die Einführung des Mobilbaus der Bienenzucht neue Wege gewiesen hat, die es gestatteten, nun in das Innere des Wabenbaus einzudringen, so gab er durch die Beweglichmachung des Wabenbaus die bis dahin verborgenen Geheimnisse im Leben des Bienenvolkes dem Forscherauge frei. Dzierzon selbst machte eine der größten Entdeckungen, nämlich die der Parthenogenesis der Bienen. Wie v. Raczek mitteilte, hat Dzier-zon schon als Student erkannt, dass die damals fast allgemein verbreitete Ansicht, bestimmte Drohnenmütterchen würden die Eier legen, aus denen die Drohnen schlüpfen, falsch war, weil er sah, dass auch die Königin Drohneneier legte. Aber erst 1835 konnte er den endgültigen Beweis dafür erbringen, als er eine unbegattete Nachschwarmkönigin, die flugunfähig war, Drohneneier legen sah. Hier konnte eine Begattung nicht erfolgt sein, es konnten also keine männlichen Samenfäden in die Eier gelangt sein. Dzierzon hat die Königin auch selbst unter-sucht und, wie er 1899 in der Bienenzeitung berichtete, dabei festgestellt, dass ihre Samen-tasche leer war, ein Bläschen mit wasserheller Flüssigkeit. Auf diesen Erfahrungen hat Dzierzon dann seine Lehre von der Parthenogenesis der Bienen aufgebaut. Sie gipfelte, wie der ausgezeichnete Kenner des oberschlesischen Bienenvaters, v. Raczek, in seinem Werk über Dzierzons Leben und Wirken sagt, in dem Satz dass die Drohnen aus unbefruchteten Eiern hervorgehen und dass die Königin als einzige Mutter aller im Stock entstehenden Bie-nen das Geschlecht der Eier bestimmen kann, dass sie also befruchtete und unbefruchtete Eier zu legen vermag. Die in die Drohnenzellen zu legenden Eier entzieht sie der Befruchtung, und so ist die Parthenogenesis der Bienen also eine Zeugung ohne Samen, eine jungfräuliche Zeugung. Diese Entdeckung Dzierzons erregte gewaltiges Aufsehen, und selbstverständlich fehlte es auch nicht an Gegnern, die Dzierzons These heftig bekämpften, darunter vor allem Lehrer Dickel in Darmstadt und Baron von Berlepsch. Aber v. Berlepsch überzeugte sich sehr bald von der Richtigkeit der Dzierzonschen Beobachtungen und ist dann dem schlesischen Bienenvater ein treuer Freund geworden. Auf seine Veranlassung hin übernahmen die Profes-soren v. Siebold und Leuckart die wissenschaftliche Beweisführung, sodass schließlich nach einem sieben Jahre währenden Kampf Dzierzons Lehre anerkannt wurde. Das kleine Karls-markt wurde bald die Wallfahrtsstätte der Bienenzüchter aus aller Welt, die Dzierzons Zwil-lingsstöcke, Drei- und Mehrbeuten, teils Lager- und teils Ständerbeuten, bewunderten. Be-rühmt war auch seine Zucht italienischer Königinnen. Das erste Italienervolk erhielt Dzierzon im Februar 1853; im Herbst des Jahres besaß er bereits 27 "Italiener". Ebenso fleißig wie auf dem Bienenstand arbeitete Dzierzon auch mit der Feder. In der "Nördlinger Bienenzeitung" hat er zahlreiche Aufsätze veröffentlicht und daneben auch mehrere Bücher herausgegeben, die bei seinen Zeitgenossen viel Anklang fanden und auch heute noch mit Nutzen gelesen werden können. Von 1854 bis 1856 gab er auch das Monatsblatt "Der Bienenfreund aus Schlesien" heraus. Die ersten Artikel sind aber bereits 1845 in den "Frauendorfer Blättern" erschienen und wurden später gesammelt von Bruckisch in Grottkau als Buch mit dem Titel "Neue verbesserte Methode des Pfarrers Dr. Dzierzon" herausgegeben. 1848 erschien sein Buch "Theorie und Praxis des neuen Bienenfreundes", 1861 sein bekanntestes Werk "Rationelle Bienenzucht oder Theorie und Praxis des Schlesischen Bienenfreundes" und 1890 "Der Zwillingsstock". Die Zahl der Artikel, die er über Bienenzucht geschrieben hat, wird auf etwa 400 geschätzt. Diese literarische Tätigkeit war es vor allem auch, die seinen Namen bekannt und berühmt gemacht hat. Zahlreich sind die Ehrungen, die ihm zuteil wurden. Am 2. August 1872 verlieh ihm die philosophische Fakultät der Universität München die Doktorwürde eh-renhalber, aus dem In- und Ausland kamen Ordensverleihungen, landwirtschaftliche und an-dere Gesellschaften ernannten ihn zu ihrem Mitglied und übersandten ihm Diplome. Mit 73 Jahren kehrte Dzierzon in seine Heimat, in die Bienendorfer Grenzhäuser, zurück, wo er die letzten beiden Jahrzehnte bei seinem Neffen Franz Dzierzon lebte. Ein Wort noch zu seiner Abstammung: Von polnischer Seite ist wiederholt versucht worden, Pfarrer Dr. Dzierzon als Polen zu "vereinnahmen". Der schlesische Bienenvater aber war ein Deutscher, dessen Vor-fahren seit langem schon Deutsch gesprochen haben und der selbst nie eine Zeile polnisch geschrieben hat. (aus Denisia 8, 2003: p. 36-38).
Bild von Johann Dzierzon (aus Ent. Jb. [Krancher] 1900)