Ehepaar Josef Klimesch und Ehepaar Hans-Georg Amsel

Dr. phil. Josef Wilhelm Klimesch

* 5.5.1902 Budweis
† 17.9.1997 Linz

Dr. phil. Josef Wilhelm Klimesch

Laudatio Josef Klimesch 1987

Die Spätsommerwochen des Jahres 1997, Ende August, Anfang September, verbrachte Dr. Josef Klimesch - wie schon in den Jahren zuvor - gemeinsam mit seiner Frau, Ludwiga, im salzburgischen Dürrnberg. Auch in jenem Sommer war er so viel wie nur möglich draußen in der Natur, und seine Gedanken und Gespräche waren in diesen Tagen, die die letzten seines Lebens werden sollten, zum großen Teil der Entomologie gewidmet. Mitte September fühlte sich der 95jährige Mann, dessen Gehirn noch immer so glasklare Gedanken zu formen vermochte wie in den vielen Jahrzehnten vorher und dessen Körper zwar mancherlei allmählich sich einstellende Unbillen dieses hohen Alters in Kauf nehmen musste, aber von keinem wirklichen Leiden gekennzeichnet war, nicht wohl. Am 17. September lag er auf seinem Krankenlager mit dem Blick in die Weite des Salzburger Landes; er nahm die Schönheit der Natur intensiv und voll Dankbarkeit auf. Plötzlich umarmte er seine Frau, küsste sie und bedankte sich bei ihr. Wenige Stunden später entschlief er für immer. Ein langes, erfülltes Leben eines wunderbaren Menschen hatte sich gerundet.
Mit Josef Klimesch wurde einer der Großen der österreichischen Entomologie zu Grabe getragen, vielleicht der bedeutendste Mikrolepidopterologe, den Österreich hervorgebracht hat, und einer der bedeutendsten Nepticuliden-Forscher des 20. Jahrhunderts überhaupt.
Josef Klimesch erlebte viele runde Geburtstage, von denen manche Anlass für Würdigungen in Form größerer oder kleinerer Aufsätze waren: DESCHKA (1982 a, b), GUSENLEITNER (1988), REISSER (1962, 1972), SPETA (1987). Auch ein Nachruf aus der Feder eines Mikrolepidopterologen erschien: DESCHKA (1998); und auch eine kurze Autobiographie gibt es: KLIMESCH (1988). Die umfangreichste Würdigung und Darstellung des Lebens und Wirkens von Josef Klimesch ist jene von GUSENLEITNER (1988); sie enthält auch ein Verzeichnis der wissenschaftlichen Publikationen von J. Klimesch, eine sehr sorgfältig ausgearbeitete und kommentierte Liste der von ihm als neu beschriebenen Taxa und eine Übersicht über die zu Ehren von J. Klimesch nach ihm benannten (Mikrolepidopteren-) Spezies und Genera.
Am 5. Mai 2002 jährte sich der Geburtstag von Josef Klimesch zum 100. Mal. Dem Gedenken an diesen großen Menschen und österreichischen Gelehrten seien diese Seiten gewidmet; sie sind (vor allem im zweiten Teil) sehr persönlich gefärbt, weil ich das Glück hatte, Dr. Josef Klimesch seit dem Jahre 1952 (meinem 13. Lebensjahr) zu kennen und mit ihm bis zu seinem letzten Lebensjahr Kontakt zu haben. Am 4. XII. 1982 und am 11. XI. 1995 führte ich mit Josef Klimesch lange Gespräche, die auf Tonband aufgezeichnet wurden. Vorwiegend auf der Basis dieser Tondokumente und vieler persönlicher Erinnerungen, ergänzt durch Informationen aus den oben erwähnten Publikationen und durch Gespräche mit anderen Menschen, die zu Josef Klimesch ein Nahverhältnis hatten, vor allem mit seiner Frau, Ludwiga Klimesch, und mit dem international bekannten Mikrolepidopterologen Dr. Peter Huemer vom Museum Ferdinandeum in Innsbruck, wurden diese Zeilen geschrieben.

Der Lebensweg von Dr. Josef Klimesch
Josef Klimesch wurde am 5. Mai 1902 in Budweis in Böhmen als ältestes von vier Kindern des Ehepaars Dr. Josef und Wilhelmine Klimesch geboren. Sein Vater (geb. 2. 1. 1860 in Debrecen in Ungarn) war Oberstabsarzt in den Diensten der österreichisch-ungarischen Kriegsmarine und damals in Triest stationiert, seine Mutter (1870-1957) stammte aus Hannover. Der Geburtsort ergab sich zufällig dadurch, dass seine Mutter in hochschwangerem Zustand von ihrer Heimatstadt Hannover nach Istrien reiste und, von den Wehen überrascht, in Budweis die Reise unterbrechen musste, um ihr erstes Kind zur Welt zu bringen. Es folgten rasch hintereinander noch zwei Buben und ein Mädchen.
Josef wuchs in einem harmonischen, kultivierten, noblen und zudem vermögenden Elternhaus in der liebenswürdigen Atmosphäre einer mediterranen Hafenstadt der österreichisch-ungarischen Monarchie auf, ging in die Deutsche Schule, lernte jedoch gleichzeitig spielerisch Italienisch, das er sein Leben lang gern verwendete und das sich für ihn im 2. Weltkrieg noch als außerordentlich nützlich, vielleicht sogar als lebensrettend, erweisen sollte. Schon in der Kindheit in Triest trat ein ungewöhnliches Interesse des kleinen Josef für Tiere und Pflanzen zu Tage, das durch verständige Lehrer (Prof. Dr. C. Cori, Prof. Lederer, Prof. Dr. G. Müller) gefördert wurde; es stand fest, dass er einmal Zoologie studieren würde. Da traf die Familie im Jahre 1910 durch den plötzlichen Tod des Vaters ein schwerer Schicksalsschlag. Zwar blieb die Mutter mit den Kindern zunächst noch in Triest, aber bald nach Ausbruch des 1. Weltkriegs übersiedelten sie nach Linz, und zwar in jenes Haus (Donatusgasse 4) auf dem Römerberg, das J. Klimesch bis zu seinem Tod bewohnte und in dem heute seine Witwe, Ludwiga Klimesch, lebt. Durch den Krieg hatte die Familie alle ihre (vorwiegend in Kriegsanleihen angelegten) Ersparnisse verloren, zudem erhielt die Witwe zunächst, da sie und ihre Kinder noch die ungarische Staatsbürgerschaft hatten, keine Pension, sodass sie sich mit den vier Kindern einer schwierigen materiellen Situation gegenübersah. Josef hatte in Triest noch die ersten zwei Klassen eines humanistischen Gymnasiums absolviert und besuchte nun in Linz das Gymnasium, aber sein früherer Wunsch, nach der Matura Zoologie zu studieren, erwies sich als unerfüllbar, weil der Zwang bestand, so bald wie möglich einen Brotberuf zu ergreifen, um zum Lebensunterhalt der Familie beizutragen. Nach der Matura trat er 1922 in die Volkskreditbank in Linz (Domgasse 12) ein und sollte dort - nur unterbrochen durch zwei Jahre Kriegsdienst und einige Monate eines durch das Kriegsende bedingten Aufenthaltes in Italien - bis zu seiner Pensionierung im Jahre 1964 Dienst tun.
Seit seiner Gymnasialzeit beschäftigte er sich besonders intensiv mit Insekten, legte Sammlungen von Käfern und Schmetterlingen an und konzentrierte sich bald auf die Lepidopterologie, die sein ganzes Leben prägte. Da es ihm indes nie möglich wurde, die Entomologie zu seinem Beruf zu machen, musste er seine wissenschaftliche Arbeit auf seine Freizeit beschränken und konnte sie zeitweise - vor allem in den Perioden seiner beruflichen Tätigkeit in der Volkskreditbank von 1922 bis 1943 und von 1946 bis 1964 - nur unter Überwindung großer Schwierigkeiten durchführen.
Im Jahre 1934 heiratete Josef Klimesch und fand in seiner Frau, Magdalena (Lene), geb. Lang, eine naturbegeisterte Gefährtin für seine entomologischen Freilandstudien. Bei Ausbruch des zweiten Weltkriegs im September 1939 wurde Josef Klimesch zunächst für UK (unabkömmlich) erklärt, um weiter in der Bank Dienst tun zu können. Im Jahre 1943, nach dem Zusammenbruch der Front in Italien, wurde er jedoch zum Kriegsdienst eingezogen. Seine Kenntnis der italienischen Sprache bewahrte ihn vor einem Einsatz mit der Waffe an der Front. Er wurde nach einer kurzen Ausbildungszeit in Grafenwöhr nach Ligurien abkommandiert, um dort als Dolmetscher, vor allem beim Verhör gefangen genommener Partisanen, Dienst zu tun. Im Frühjahr 1945 geriet seine Kompanie in Gefangenschaft. Sein Ruf als feinfühliger, integrer Mensch kam ihm wiederum zugute. Nun machten sich die Italiener ihrerseits seine Italienisch-Kenntnisse zunutze und setzten ihn bei Verhören gefangener deutscher Soldaten ein - eine Aufgabe, die er wiederum im steten Bemühen um menschliche Wärme und Verhinderung von Unrecht und Leid erfüllte. Die ehemaligen Partisanen statteten ihn mit einer Bestätigung über sein stets korrektes Verhalten in seiner Zeit als Angehöriger der Deutschen Wehrmacht aus. Diese ermöglichte es ihm, nach Zustimmung der Amerikaner, sich in Italien frei zu bewegen, in seine Heimat durfte er allerdings zunächst nicht. Er entschloss sich, nach Trient zu reisen, wo er das dortige Museum, mit dem er schon vor dem Krieg Kontakte gepflegt hatte, aufsuchte Er fand herzliche Aufnahme und arbeitete vom 26. Mai bis zum 26. Dezember 1945 vor allem an der Aufstellung eines Minen-Herbars. Ende November 1945 erhielt er endlich die Nachricht, dass seine Familie wohlauf sei, und so bemühte er sich, nach Österreich zurückzukehren. Dies erforderte allerdings (aus mir nicht näher bekannten "formalen?" Gründen) vorerst einen Aufenthalt in einem Kriegsgefangenenlager der Amerikaner; J. Klimesch kam nach Rimini, wo er zwar korrekt behandelt wurde, aber insgesamt keine schöne Zeit verbrachte (z. B. auf dem Boden schlafen musste). Nach einem etwa dreimonatigen Aufenthalt und weiteren kurzen Aufenthalten in Villach und Salzburg (offenbar zur Überprüfung seiner Person) kam er schließlich nach Linz. Er nahm sogleich Kontakt mit seiner ehemaligen Dienststelle, der Volkskreditbank, auf, deren Direktor ihn sofort wieder einstellen wollte. J. Klimesch erbat sich drei Wochen Zeit zur Erholung nach den Anstrengungen der vergangenen Monate und begann anschließend wieder mit seiner Arbeit in dem Geldinstitut.
Seine Vorgesetzten in der Bank zeigten nicht das geringste Verständnis für seine wissenschaftlichen Ambitionen und machten ihm keinerlei Zugeständnisse, so dass er - da man damals auch samstags arbeitete - oft Schwierigkeiten hatte, einen Zug zu erreichen, der ihn rechtzeitig zu einem Bahnhof im Alpengebiet bringen sollte, um am Abend zu einem ins Auge gefassten Leuchtplatz zu gelangen.
So bemühte er sich mehr und mehr um einen Berufswechsel und um eine Stelle an einem entomologischen Institut. Bald zeigte sich indes, dass das Fehlen eines akademischen Grades ein arges Hindernis für eine Einstellung in eine staatliche wissenschaftliche Institution darstellte; so entschloss sich Josef Klimesch endlich dazu, als Externer an der Universität Graz Zoologie und Botanik zu studieren. Durch die Hilfe mehrerer Professoren gelang es auch, Ausnahmeregelungen hinsichtlich des Besuchs von Lehrveranstaltungen zu erwirken, und so konnte Josef Klimesch schließlich im Dezember 1950 an der Universität Graz zum Dr. phil. promoviert werden. Mittlerweile war allerdings eine in Aussicht gestellte Anstellung am Naturhistorischen Museum in Wien anders vergeben worden, und andere Pläne und Verhandlungen zerschlugen sich wegen seines inzwischen fortgeschrittenen Alters. So versah Josef Klimesch weiter seinen Dienst in der Bank und nützte geradezu jede Minute seiner Freizeit für die Wissenschaft. Seine Urlaube machte er zu Forschungsreisen, die ihn in verschiedene Teile Südeuropas und nach Kleinasien sowie auf die Kanarischen Inseln führten.
Nach seiner Pensionierung im Jahre 1964 konnte sich Josef Klimesch nun endlich ganz seiner wissenschaftlichen Arbeit widmen. Dank seiner außergewöhnlichen Gesundheit begann nun eine neue Periode äußerster Produktivität. Er unternahm jährlich Auslandsreisen, die natürlich durchwegs seinen Forschungen gewidmet waren, er führte laufend zahlreiche Zuchten von Mikrolepidopteren durch, arbeitete unermüdlich am Mikroskop, zeichnete, schrieb und publizierte (In Kleinasien war J. Klimesch viermal: 1964, 1966, 1968 und 1970; eine genaue Übersicht über diese Reisen findet sich bei HESSELBARTH, OORSCHOT & WAGENER 1995).
Im Mai 1975 erlitt seine Frau während eines Aufenthaltes des Ehepaars auf der Insel Rhodos einen Unfall, bei dem sie sich schwere Verletzungen zuzog; im August desselben Jahres verstarb sie.
In dieser für ihn schweren Zeit fand er in Frau Ludwiga Günther, einer aus Hannover stammenden chemischen Assistentin, einen mitfühlenden, ihn umsorgenden Menschen. Die beiden fassten Zuneigung zueinander und heirateten schließlich 1977. Es wurde eine sehr glückliche Ehe, in der Josef Klimesch die Liebe und Geborgenheit fand, die er als eine Voraussetzung für seine Arbeit brauchte. Von seinen insgesamt etwa 130 Publikationen sind rund 20 in der Zeit seiner zweiten Ehe, also in der Periode 1977 bis 1997 erschienen - zwischen seinem 75. und 95. Lebensjahr.

Wissenschaftlicher Werdegang
Bei den weitaus meisten Wissenschaftlern – und in ganz besonderem Maße gilt dies für die Zoologen und Botaniker und vor allem für jene, die ihre Wissenschaft später nicht (nur) zum Broterwerb betreiben, sondern oft unter Entbehrungen ohne Anerkennung und gegen äußere Widerstände und Schwierigkeiten ihrer Scientia amabilis huldigen und frönen – lassen sich die ersten Anzeichen für eine spätere intensive und exzessive Hinwendung zu einem bestimmten Gebiet schon in der Kindheit nachweisen. Auch in Josef Klimesch erwachte schon früh, noch in der Zeit seiner Triestiner Kindertage, ein ungewöhnlich starkes Interesse für Tiere und Pflanzen. Er sammelte marine ebenso wie terrestrische Tiere und legte eine Sammlung von Alkoholpräparaten an. Bald aber dominierte die entomologische Seite, und er baute Sammlungen von Insekten auf. Als die Familie 1915 nach Linz übersiedelte, nahm der 13jährige Josef seine Sammlungen natürlich mit, schenkte sie aber – mit Ausnahme der Insekten-Sammlungen – bald dem Museum Francisco-Carolinum, dem heutigen OÖ. Landesmuseum. Kurze Zeit später konzentrierte er seine Interessen noch weiter und beschränkte sich auf Schmetterlinge. Von der Gymnasialzeit bis zu seinem 25. Lebensjahr befasste er sich vor allem mit Makrolepidopteren, ab 1929 bis zu seinem Lebensende – also fast 70 Jahre lang – ausschließlich mit jenen Familien, die man herkömmlich als Mikrolepidopteren zusammenfasst, und unter ihnen im besonderen Maße mit den Blattminierern. Bald nach seiner Ankunft in Linz im Jahr 1915 suchte und fand er Kontakte zu den Linzer Entomologen, und er war auch unter jenen, die am 26. Oktober 1921 die Entomologische Arbeitsgemeinschaft am OÖ. Landesmuseum gründeten .
Im Museum lernte er Franz Hauder (1860-1923), den führenden Mikrolepidopterologen Oberösterreichs, kennen, der ihm im Freiland ebenso wie bei der Präparation, Untersuchung und Determination von Lepidopteren ein geduldiger Lehrmeister wurde.
GUSENLEITNER (1988) stellt zu Recht die Frage, warum sich Josef Klimesch, obwohl unter dem Einfluss von Franz Hauder stehend, nicht sogleich den Mikrolepidopteren zugewendet hat. Wir wissen es nicht; es mag aber sein und erscheint plausibel, dass F. Hauder das natürlicherweise zuerst erwachte Interesse des jungen Gymnasiasten für Makrolepidopteren voll zur Entfaltung kommen lassen wollte, wohl wissend, dass eine gründliche Kenntnis der Makrolepidopteren eine hervorragende Basis für eine tiefere Befassung mit den kleinen und kleinsten Formen darstellt und dass man viele basale Fertigkeiten, vor allem die Methoden der Aufsammlung und Präparation, besser beim Studium der Makrolepidopteren erlernt.
Auch zu gleichaltrigen Gleichgesinnten entwickelten sich Kontakte. Den später berühmt gewordenen Linzer Entomologen und nachmaligen Leiter der Entomologischen Arbeitsgemeinschaft am OÖ. Landesmuseum, Karl Kusdas (1900-1974), lernte er im Jahre 1919 kennen. Mit ihm verband ihn zeitlebens eine herzliche Freundschaft, auch wenn die Interessen, ursprünglich identisch und den Makrolepidopteren geltend, später auseinander gingen (K. Kusdas beschäftigte sich später vor allem mit Chrysididen und Mutilliden sowie Trichopteren).
Die erste Publikation des jungen J. Klimesch erschien 1924, sie war der Zucht der Geometriden-Spezies Eucosmia certata (HÜBNER) (heute: Hydria certata) gewidmet; auch die zweite Arbeit, 1928 erschienen, galt den Makrolepidopteren (es handelt sich um eine faunistische, Oberösterreich betreffende Studie); die dritte Publikation (1935 erschienen) befasste sich mit der Biologie der Orectis proboscidata (H.-S.) (Noctuidae: Herminiinae); schon die vierte wissenschaftliche Arbeit (1936 erschienen und in französischer Sprache publiziert) war dem Genus Nepticula (heute Stigmella) gewidmet, das ein Schwerpunkt des wissenschaftlichen Interesses von Josef Klimesch bis an sein Lebensende bleiben sollte. Alle übrigen – im Zeitraum 1936 bis 1997 publizierten – Arbeiten betreffen Mikrolepidopteren mehrerer Familien.
Fest steht, dass sich Josef Klimesch zu einem Zeitpunkt mit Mikrolepidopteren und insbesondere mit den Blattminierern unter diesen zu befassen begann, der sowohl aus seiner persönlichen Konstellation als auch aus objektiver Sicht besonders günstig war. Josef Klimesch wandte sich nach einer etwa 10jährigen Phase der Befassung mit Makrolepidopteren den Mikrolepidopteren als noch immer sehr junger Mann zu, aufgeschlossen für das Neue, hochtalentiert für das diagnostische Erfassen von Formen, Strukturen, Mustern und Farben, gefördert von wohlwollenden Lehrmeistern – und das in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, in einer Zeit, in der es auch in Mitteleuropa sowohl in taxonomischer als auch in ökologischer Hinsicht auf dem Gebiet der blattminierenden Mikrolepidopteren noch sehr viel zu entdecken gab.
Eine Condicio sine qua non für solche Studien waren profunde botanische Kenntnisse – und die hatte sich Josef Klimesch im Laufe der Zeit in einem bewundernswerten Ausmaß erworben, wovon sich jeder sofort überzeugen konnte, der das Glück hatte, mit ihm ein paar Stunden bei entomologischer Feldarbeit in der Natur verbringen zu dürfen.
So ging J. Klimesch daran, eine Sammlung aufzubauen, die schließlich ein Niveau, eine Qualität und einen Umfang erreichte, wie man kaum Vergleichbares findet. Seine außergewöhnliche motorische Geschicklichkeit, seine – bis ins hohe Alter erhaltene – ruhige Hand und sein ausgeprägter Sinn für Ästhetik trafen in glücklicher Weise mit seinen hohen intellektuellen Fähigkeiten, seinen Neigungen und seiner Begeisterung zusammen.
Die Arbeiten von Josef Klimesch fanden bald, noch vor dem 2. Weltkrieg, große Anerkennung und führten zu zahlreichen Kontakten mit anderen Wissenschaftlern im Inland und im Ausland. Abermals sei gerade auch an dieser Stelle erwähnt, dass er, auf den zunehmend Gelehrte von hohem Rang und Ansehen aufmerksam wurden und dessen Hilfe bei Determinationen mehr und mehr gesucht wurde, von seinem Arbeitgeber nicht das geringste Entgegenkommen erhielt, vielmehr kleinlichen Schikanen ausgesetzt war.
Nach dem erzwungenen „Anschluss“ Österreichs an das Deutsche Reich änderte sich zunächst für Josef Klimesch nichts, doch stellte ihm der einflussreiche Linzer Biologe Dr. Theodor Kerschner (1885-1971) für die Zeit nach dem Krieg eine seinen Fähigkeiten und Kenntnissen gemäße Stellung in Aussicht, zumal Linz, wie bekannt, eine kulturelle Metropole werden sollte, in der auch genügend Arbeitsmöglichkeiten verfügbar sein würden.
Allerdings wies schon Kerschner darauf hin, dass ein abgeschlossenes Hochschulstudium mit dem Erwerb des Doktorats eine notwendige Voraussetzung sein werde. An ein Studium war aber zunächst nicht zu denken, der Krieg eskalierte weiter, und der vorerst vom Kriegsdienst verschont gebliebene J. Klimesch musste nach Italien einrücken. Die sieben Monate, die er im Jahre 1945 am Museum von Trient an der Errichtung eines Herbars als Grundlage für das Studium von Blattminierern arbeitend verbringen konnte, waren letztlich seinen Arbeiten über die Mikrolepidopteren in Südtirol und im Trentino und den daraus resultierenden Kontakten zum vormaligen Direktor des Museums von Trient zu verdanken.
Nachdem J. Klimesch im Jahre 1946 nach Linz zurückgekehrt und seinen Dienst in der Bank wieder aufgenommen hatte und nachdem sich an seiner misslichen Situation, die Wissenschaft nur in der Freizeit betreiben zu können, nichts geändert hatte, obwohl er weiterhin zunehmend national und international zahlreiche Beweise hoher fachlicher Wertschätzung erhielt, entschloss er sich zum Studium der Zoologie und Botanik an der Universität Graz. Da er jedoch nicht wie andere Studenten die Lehrveranstaltungen besuchen konnte, brauchte er Sondergenehmigungen, bei deren Beschaffung ihm unter anderem der in Wien tätige Prof. Dr. Herbert Franz (1908-2002) und der damals in Graz wirkende spätere Nobelpreisträger Karl von Frisch (1886-1982) behilflich waren. Es wurde ihm gestattet, nach Vorlage einer Dissertation „Zur Morphologie und Ökologie der Nepticuliden“ die Rigorosen abzulegen. Seine Promotion zum Dr. phil. erfolgte am 14.12.1950. Am Naturhistorischen Museum in Wien war durch den frühen Tod von Hans Zerny (1887-1945) die Stelle eines Kustos der Schmetterlingssammlung vakant geworden. Sie wurde J. Klimesch in Aussicht gestellt – unter der Voraussetzung, dass er ein abgeschlossenes Studium vorweisen könnte. Inzwischen war aber so viel Zeit vergangen, die Konstellationen hatten sich geändert, und an Stelle von Dr. J. Klimesch wurde Dr. Friedrich Kasy (1920-1990) eingestellt. Es muss an dieser Stelle unbedingt betont werden, dass J. Klimesch seine Abweisung zwar mit großer Enttäuschung, aber ohne den geringsten Groll gegen F. Kasy aufgenommen hat. Er hat im Gegenteil mehr als einmal die hohe fachliche Kompetenz von F. Kasy gelobt. Auch andere ins Auge gefasste Möglichkeiten einer Anstellung als Zoologe (so in München) zerschlugen sich. So konnte J. Klimesch also nur unter den gleichen Bedingungen wie bisher arbeiten und publizieren. Das tat er denn auch beharrlich und mit Erfolg, so dass er am Ende seines Lebens eine reiche wissenschaftliche Ernte – objektivierbar durch etwa 130 wissenschaftliche Arbeiten, eine außergewöhnliche Spezialsammlung und ein hohes nationales und internationales Ansehen – einbringen konnte.
Es steht mir, der ich zwar Entomologe, aber nicht Lepidopterologe bin, weder zu noch verfüge ich über die erforderliche Kompetenz, das lepidopterologische Lebenswerk von Josef Klimesch im Einzelnen zu würdigen und zu beurteilen. Ich kann nur wiedergeben, welches Urteil die Mikrolepidopterologen abgegeben haben und welchen Eindruck seine Arbeiten auf mich gemacht haben.
Ich habe im Verlauf der vergangen 50 Jahre viele Entomologen und im Besonderen viele Lepidopterologen und unter diesen viele von hohem Rang über Josef Klimesch und seine Arbeiten sprechen gehört. Nie wurde ihm etwas anderes als höchste Anerkennung und Wertschätzung gezollt. Es ist tatsächlich so: J. Klimesch gehört zu jenen wenigen Menschen und Wissenschaftlern, über die ich niemals irgendeine negative Äußerung gehört habe. Und wer Josef Klimesch persönlich gekannt hat, versteht dies auch.
In den letzten Jahren seines Berufslebens erwog J. Klimesch (natürlich bei voller Gesundheit, also aus freien Stücken, einfach um Zeit für seine wissenschaftlichen Arbeiten zu gewinnen) eine frühzeitige Pensionierung, wofür allerdings, um seine Pension in ausreichendem Maße zu sichern, ein erheblicher finanzieller Aufwand erforderlich gewesen wäre („Ankauf von Pensionszeiten“). Über diesen Betrag verfügte er nicht, er sah indes einen Ausweg darin, seine Sammlung zu Lebzeiten zu verkaufen, sich dabei jedoch das Recht zu sichern, sie bis an sein Lebensende zu behalten, um damit arbeiten zu können. Nach verschiedenen, sich länger hinziehenden Verhandlungen verkaufte er schließlich – eigentlich schon zu spät, weil inzwischen seine Pensionierung bereits erfolgt war – die Sammlung an die Zoologischen Sammlungen des Bayerischen Staates nach München, er durfte sie jedoch in Linz behalten. Später kamen ihm Zweifel an der Richtigkeit seiner Entscheidung, und er versuchte, allerdings vergeblich, den Verkauf rückgängig zu machen. Heute und im Retrospekt können wir den Transfer der Sammlung Klimesch nach München nur positiv sehen: Die Zoologischen Staatssammlungen in München repräsentieren ein hervorragend ausgestattetes Institut, in dem nach menschlichem Ermessen auch in Zukunft eine sachgemäße Betreuung der Sammlung gewährleistet ist. Ebenso ist die Verfügbarkeit für ernsthaft damit arbeitende Mikrolepidopterologen gesichert. Josef Klimesch wäre gewiss sehr zufrieden, würde er die derzeitige Unterbringung sehen. Bei solchen bedeutenden Sammlungen wie jener von J. Klimesch hat die optimale Betreuung absolute Priorität gegenüber dem Wunsch nach dem Verbleib der Sammlung im Land. Der derzeit die Sammlung unmittelbar betreuende Wissenschaftler ist Dr. Andreas Segerer (selbst Mikrolepidopterologe mit taxonomischem Schwerpunkt auf den Phycitinae und generell an der Erfassung der Mikrolepidopteren-Fauna von Bayern tätig), dem ich die folgenden Angaben verdanke:
Die Sammlung J. Klimesch umfasst ca. 130.000 Einzelexemplare, davon 7.000-10.000 Typen (darunter mindestens 34 Holotypen, vermutlich mehr), ca. 4.000 mikroskopische Präparate und ca. 20.000 Herbarblätter mit Minen von Kleinschmetterlingen. Die Sammlung ist auf dem Spezies-Niveau mittels EDV komplett erfasst und durch die Suchbegriffe „Art“, „Kastennummer“ und „Holotypen“ im institutsinternen Netz zugänglich. Die Einrichtung eines Artenkatalogs im Internet ist derzeit in Arbeit.
Die umfangreiche Spezialbibliothek hat J. Klimesch in seinem letzten Lebensjahr dem oberösterreichischen Mikrolepidopterologen Gerfried Deschka verkauft. Sie wurde noch Ende 1997 nach Steyr gebracht. (aus Denisia 8, 2003: p. 237-277).



Dr. Josef Klimesch - 80 Jahre
Der weithin bekannte Entomologe Doktor Josef Klimesch vollendete am 5. Mai sein 80. Lebensjahr. Ihm ist es nicht nur gelungen, sich in der Entomologie als Spezialist einer Tiergruppe - der blattminierenden Schmetterlinge - europäische Anerkennung zu sichern, er gilt auch als ausgezeichneter Fachmann auf dem Gesamtgebiet der Lepidopterologie. Überdies ist er ein hervorragender Kenner der Pflanzenwelt Europas und der Kanaren, und seine Vorträge begeistern immer wieder das botanische Fachpublikum. Nur ein Entomologe, der sowohl über ein großes botanisches Fachwissen verfügt, kann die komplizierten Fragen der Zusammenhänge zwischen Insekt und Pflanze, Substratwahl und Art bzw. Artengruppe deuten.
Der Jubilar gehörte seinerzeit zu jener Avantgarde, die gewisse Methoden, wie z. B. die Genitalpräparation und ihre taxonomische und systematische Auswertung in der Entomologie im europäischen Raum einführte und verbreitete - eine Methode, die heute zur Routinearbeit in der Entomologie gehört. Auch bei den Zuchttechniken der kleinsten Lepidopteren, besonders jene der Blattminierer, war Klimesch ein Pionier; es gelangen ihm bei vielen Gattungen der Blattminierer erstmals die Zuchten aus dem Ei und somit erstmals eine lückenlose Beobachtung der Metamorphose dieser schwierig zu züchtenden Tiere.
Von größter Bedeutung sind jedoch seine Minenstudien. Die kleinsten Schmetterlinge sind fast durchwegs Blattminierer und erzeugen im Gewebe der Pflanzenblätter charakteristische Fraßspuren, die in den meisten Fällen auf die Gattung oder die Art des Minierers schließen lassen. Klimesch war auch hier unter den ersten, die Herbare dieser Blattminen anlegten und die Minen studierten. Seine Arbeiten auf diesem Gebiete, die vielen hervorragenden Zeichnungen von Minen, adulten Tieren und mikroskopischen Präparaten wurden in vielen Publikationen dokumentiert und trugen wesentlich zum derzeitigen Wissensstand bei. Ein wesentlicher Anteil steht Klimesch am Gelingen des umfassendsten und größten Werkes der Minenkunde überhaupt zu: Herings dreibändige "Bestimmungstabellen der Blattminen von Europa..." wären ohne Klimesch nie publiziert worden.
Schon vor 50 Jahren begann der Jubilar, eine das damalige entomologische Niveau weit überragende Sammlung aufzubauen, die heute die weltbeste und modernste Sammlung auf diesem Gebiet darstellt, und dies sowohl in qualitativer als auch in quantitativer Hinsicht. In keiner anderen sind die europäischen Kleinschmetterlinge so dokumentiert wie in der Sammlung Klimesch, und schon vor Jahrzehnten war sie ein Phänomen, zu dem die Fachwelt aufblickte. Nur jene, die versucht haben, auf dem Gebiet der kleinsten Schmetterlinge zu arbeiten, können ahnen, welche Mühe und welch überragende Fachkenntnisse in der Arbeit und im wissenschaftlichen Vermächtnis des Jubilars stecken.
Es ist kein Wunder, dass im Laufe der Jahre und Jahrzehnte fast alle bedeutenden Lepidopterologen seines Faches irgendwann einmal Gast bei Klimesch waren, seine Sammlungsbestände studierten und vom Wissen des Geehrten profitieren. Unzählige Konsultationen und Anfragen aus ganz Europa wurden an Klimesch herangetragen und von ihm bearbeitet; in fast jeder größeren wissenschaftlichen Bearbeitung von Tieren und Problemen seines Gebietes wird der Name Klimesch erwähnt und seine Daten und Ansichten werden zitiert.
Aber nicht nur auf internationaler Ebene hat er Hervorragendes geleistet. Sein Beitrag zur Monographie von H. Franz "Die Nordostalpen im Spiegel ihrer Landtierwelt" ist heute ein anerkanntes Standardwerk über die Fauna unserer Alpen. Die Beiträge zur Kenntnis der Bucculatricidae, Cosmopterigidae, Depressaria, Lyonetiidae, Tischeriidae, Phyllocnistidae und Phyllocnostidae Oberösterreichs, die im "Naturkundlichen Jahrbuch der Stadt Linz" erschienen sind, behandeln ausschließlich unsere Landesfauna. Derzeit bearbeitet Klimesch den Kleinschmetterlingsband der "Schmetterlinge Oberösterreichs" und will damit seine Dokumentation der oberösterreichischen Fauna krönen.
aus Deschka G., 1982: Dr. Josef Klimesch - 80 Jahre. - OÖ. Kulturber. 36/9: 7.


Dr. Josef Klimesch - 60 Jahre alt
Unser sehr geschätztes Ehrenmitglied, Dr. Josef Klimesch in Linz a. d. Donau, vollendet am 5. Mai 1962 sein 60. Lebensjahr. Dies mag der Anlaß sein, dem stillen und überaus bescheidenen, jedoch mit einem ungewöhnlich umfassenden Wissen ausgestatteten Forscher die Glückwünsche der entomologischen Fachwelt darzubringen. Klimesch hat es vollauf verdient, daß man seiner ehrend gedenkt, und es ist vielleicht nicht uninteressant, seinen Werdegang zu verfolgen. Es ist ein typisch österreichisches Schicksal, welches sich hier abzeichnet: wir sehen, wie ein hochbegabter Mann, den es von frühester Jugend an zur zoologischen Wissenschaft hingezogen hatte, durch widrige äußere Umstände in einen unbefriedigenden Brotberuf gedrängt wurde, wie immer wieder Rückschläge erfolgten, und wie sich trotz aller Hindernisse die naturgegebene Berufung schließlich doch durchsetzen konnte, so daß Klimesch heute der führende Microlepidopterologe Österreichs ist und - ohne Übertreibung - zu den namhaftesten und weltweit bekannten Autoritäten seines Faches gezählt werden darf.
Josef Klimesch wurde als ältestes von vier Kindern eines Arztes der österreichisch-ungarischen Kriegsmarine in Budweis geboren. Seine Kindheit verbrachte er in Triest, wo er die Mittelschule besuchte und den Grund zu seinen guten italienischen Sprachkenntnissen legte. Schon damals hegte er regstes Interesse für die Tierwelt und, da die Familie in günstigsten materiellen Verhältnissen lebte, galt es als ausgemachte Sache, daß nach der Mittelschule Zoologie studiert und eine wissenschaftliche Laufbahn eingeschlagen werden sollte. Doch es kam anders: der Vater wurde in jungen Jahren von einer tückischen Krankheit hingerafft und am Ende des ersten Weltkrieges, 1918, stand die Mutter mit vier kleinen Kindern praktisch mittellos da - das ansehnliche Vermögen war in Kriegsanleihen (die als mündelsicher klassifiziert waren!) angelegt und durch den Zusammenbruch der Monarchie wertlos geworden. Aufopferungsvoll konnte die Mutter trotzdem ihre Kinder durchbringen, ihnen eine gediegene Erziehung und Ausbildung verschaffen, so daß sie geachtete und gute Stellungen im Leben einnehmen konnten. Die Tochter ist leider als Kind schon verstorben. Die Familie war bereits 1915 nach Linz übersiedelt, wo Josef seine Gymnasialstudien erfolgreich beendete. Nun aber wußte er so rasch als möglich zum Lebensunterhalt beitragen - oftmals hatte ja die Not an die Türe geklopft. So wandte er sich dem Bankfach zu, in dem er noch jetzt bei einem Linzer Institut hauptberuflich tätig ist.
Daneben jedoch blieb er seinen naturwissenschaftlichen Interessen treu, legte zuerst eine schöne Sammlung von Großschmetterlingen an, wandte sich aber alsbald der Microlepidopterologie zu und befaßte sich hier mit den schwierigsten Gruppen, wie den Coleophoriden, Argyresthiiden, Elachistiden, Nepticuliden u. a. Vor allem bei den Nepticuliden brachte er es bald zu vollendeter Meisterschaft: ausgestattet mit vorzüglichen botanischen Kenntnissen konnte er nicht nur die meisten mittel- und südeuropäischen Arten in Serien ziehen, sondern auch zahlreiche neue Arten entdecken; diese sind durchwegs biologisch gut fundiert und außerdem verfügte Klimesch neben einem reich ausgebauten Minenherbar über Serien von männlichen und weiblichen Genitalpräparaten dieser allerkleinsten Lepidopteren, die hiebei diagnostisch ausgewertet werden konnten. Er baute die qualitäts- und mengenmäßig überhaupt größte existierende Sammlung dieser Familie (ca. 11.000 Eemplare!) auf - eine völlig einmalige Leistung eines nichtberuflichen Entomologen. Ähnlich steht es auch bei den anderen hier genannten Familien. Dazu kommt noch, daß das gesamte Material nicht nur von erlesener Qualität und unübertrefflich schön präpariert ist, sondern ebenso sorgfältig ist auch die sehr umfangreiche, auf großem Serienmaterial aufgebaute Sammlung angelegt.
Diese ist nicht nur ein ästhetischer Genuß für den staunend betrachtenden Laien, sondern vor allem, durch Typen- und Belegmaterial bedingt, ein Dokument von einmaligem wissenschaftlichem Wert. Daß alles genauestens bezettelt ist, durch ein Minenherbar und eine Präparatensammlung ergänzt, sowie durch gewissenhaft geführte Aufzeichnungen ausgewertet wird, versteht sich bei einer international anerkannten Kapazität vom Range unseres Jubilars wohl von selbst! Es liegt hier eine Lebensarbeit von einem Gehalt und einer Fülle vor, die oftmals von hauptberuflich tätigen Zoologen in diesem Ausmaß nicht erreicht wird ; und all das - typisch österreichisch - nebenberuflich in einer unerhört ausgenützten Freizeit und in nächtelanger Arbeit vollbracht, ohne jede fremde Hilfe, nur im Freiland beim Sammeln von der Gattin unterstützt. Dazu noch dauernde Beanspruchung durch schwierige Determinationen und eine umfangreiche Publikationstätigkeit, wie sie sich zwangsläufig bei so ausgedehnten Forschungen ergibt, die nicht nur Probleme der Systematik, der Klärung schwieriger Artengruppen und biologisch-ökologischer Fragen betrifft, sondern auch sich auf faunistische Gebiete erstreckt. So war Klimesch jahrelang mit der Bearbeitung der die gesamten Microlepidopteren umfassenden Kapitel in den beiden großen monographischen Werken von Prof. Dr. Franz befaßt*1), die allein den Rang einer umfassenden selbständigen Arbeit einnehmen und in jeder Zeile Zeugnis von der gründlichen Sachkenntnis und der Gewissenhaftigkeit Klimesch's ablegen.
Es ist tief bedauerlich, daß es trotz wiederholter Bemühungen, die immer wieder an bürokratischen Schwierigkeiten scheiterten, nicht gelungen ist, Klimesch aus seinem Bankberuf herauszulösen und ihm eine geeignete Wirkungsstätte an einem Museum zu verschaffen. Um dem Einwand zu begegnen, daß für derartige Stellen nur Akademiker in Betracht kämen, ließ Klimesch es sich nicht verdrießen, neben seiner beruflichen Beanspruchung Zoologie zu studieren und dieses Studium im Dezember 1950 mit der Promotion zum Doktor der Philosophie an der Grazer Universität abzuschließen. Damit war wohl ein Hindernis genommen, aber die Hürde der vorgeschrittenen Lebensjahre, die einer Aufnahme in den Staatsdienst entgegenstand, war leider unüberwindlich. Dabei darf wohl bemerkt werden, daß vom rein fachlichen und wissensmäßigen Gesichtspunkt betrachtet, Klimesch die glanzvolle Linie der österreichischen Lepidopterologie, die von Schiffermüller und Lederer ausgehend über Rogenhofer zu Rebel und Zerny führte, zum eigentlichen Gipfelpunkt brachte: man darf nie vergessen, daß die letzteren hauptberuflich der Entomologie dienten, während Klimesch seine schon bisher außerordentlichen Leistungen neben einer anstrengenden Berufsarbeit mit vorbildlicher Sorgfalt vollbrachte.
So war es eine wohlverdiente Anerkennung der vielfältigen und gediegenen Leistungen des Jubilars, wenn Klimesch durch die Eintragung in das Ehrenbuch der Universität Innsbruck ausgezeichnet und ihm hiebei das Ehrenzeichen "excellenti in litteris" verliehen wurde. Es geschah dies im Rahmen eines akademischen Festaktes in der Aula der Neuen Universität in Innsbruck am 11. Juli 1958, worüber in dieser Zeitschrift in Nr. 8 vom 15. August 1958 berichtet wurde. Bereits am 18. März 1950 war Klimesch zum "Korrespondenten des Naturhistorischen Museums" bestellt worden und mit Beschluß der Oberösterreichischen Landesregierung vom 22. Oktober 1956 wurde er in Anerkennung seiner langjährigen ehrenamtlichen Tätigkeit auf dem Gebiete der naturwissenschaftlichen Landerforschung zum wissenschaftlichen Konsulenten der Oberösterreichischen Landesregierung ernannt, während ihm die Wiener Entomologische Gesellschaft am 24. Februar 1954 die Ehrenmitgliedschaft verlieh.
Dem jubilierenden Geburtstagskind sei nebst herzlichen Gratulationen vor allem der Wunsch dargebracht, es möge ihm bald eine Entlastung von beruflichen Verpflichtungen und mehr Muße für seine wissenschaftliche Tätigkeit beschieden sein, und dies bei guter Gesundheit und "ad multos annos"!
*1) "Die Landtierwelt der mittleren Hohen Tauern" von H. Franz. II. Microlepidoptera, bearbeitet von J. Klimesch, Linz. Denkschr. d. öst. Akad. d. Wissenschaften, S. 61-71, Wien 1949.
"Die Nordostalpen im Spiegel ihrer Landtierwelt". Eine Gebietsimonographie von H. Franz. Band II. Ordnung Lepidoptera. 1. Teil: Pyralidina, Tortricina, Tineina, Eriocraniina und Micropterygina, bearbeitet von J. Klimesch, Linz. S. 481-789. Universitätsverlag Wagner, Innsbruck 1961.
aus Reisser H., 1962: Dr. Josef Klimesch - 60 Jahre alt. - Z. Wiener Ent. Ges. 47: 57-60.


Dr. Josef Klimesch 70 Jahre
Am 5. Mai 1972 feiert Dr. Josef Klimesch, Linz a. D., seinen 70. Geburtstag, und da mag es wohl am Platz sein, seine Bedeutung für die lepidopterologische Wissenschaft zu würdigen, zu deren angesehensten und weltweit bekannten Vertretern er mit Recht zählt. Daß er dieses Ziel erreichen konnte, war nur durch ein als innere Berufung erklärliches Streben und zähe Arbeit trotz aller äußeren Widrigkeiten möglich: Sein Lebenslauf läßt dies deutlich erkennen. Als Sohn eines k. u. k. Marinearztes geboren, verbrachte er seine Jugendzeit in Triest, wo er das Gymnasium besuchte und auch seine ausgezeichneten italienischen Sprachkenntnisse erwarb. Es galt schon damals als sicher, daß er sich dem Studium der Zoologie widmen würde, wozu er frühzeitig eine tiefe Neigung empfand. Es kam aber anders. Der Vater verstarb in jungen Jahren, das recht beträchtliche Vermögen der Familie war in Kriegsanleihen angelegt und wurde beim Zerfall der Monarchie wertlos: Die Mutter stand mit vier Kindern vor dem Nichts, und nur durch opfervollen Einsatz konnte sie ihnen eine gediegene Ausbildung ermöglichen; die Tochter starb in jungen Jahren, die drei Söhne erreichten angesehene Stellungen. Josef, als der Älteste, mußte auf das erhoffte Studium verzichten, um möglichst bald zum Lebensunterhalt der Familie beizutragen. So ergriff er, die Familie war inzwischen nach Linz übersiedelt, dort den Beruf eines Bankbeamten, den er bis zur Erreichung des Pensionsalters ausübte. Daneben aber befaßte er sich in wissenschaftlicher Weise mit dem Aufbau einer umfangreichen Schmetterlingssammlung, zunächst allgemein paläarktisch, aber bald mit dem Schwergewicht auf Microlepidopteren, unter diesen wiederum vorzugsweise mit schwierigsten Gruppen: den Coleophoriden, Argyresthiiden, Elachistiden, und vor allem den Nepticuliden.
Er kam durch die Beschäftigung mit den minierenden Kleinschmetterlingen sehr bald zu eingehenden botanischen Kenntnissen und konnte - immer nur nebenberuflich in seiner Freizeit und nachts! - die unbestritten beste und umfangreichste, ca. 11 000 Exemplare umfassende Nepticuliden-Spezialsammlung aufbauen, deren Anblick allein schon ein ästhetischer Genuß ist: Die fast durchweg gezogenen, winzig kleinen Falter sind sauberst präpariert, durch Genitaluntersuchung sicher bestimmt und vorbildlich aufgestellt. Klimesch erlangte alsbald so vertiefte Kenntnisse, daß er nicht nur zahlreiche Arten als neu erkannte, sondern auch immer mehr als Autorität bei Bestimmungsfragen herangezogen wurde. Wie groß sein Ansehen ist, geht auch daraus hervor, daß der verewigte Prof. Hering, Berlin, es sich zur Ehre anrechnete, mit Klimesch befreundet zu sein. Er stand in reger Korrespondenz mit ihm und besuchte ihn mehrmals in Linz zu gemeinsamen Exkursionen.
Neben der große Serien enthaltenden Spezialsammlung wurde auch ein umfangreiches Minenherbar angelegt; daß alles peinlich genau bezettelt, durch eingehende Aufzeichnungen und Genitalpräparate ergänzt ist, versteht sich bei einem so gewissenhaften Forscher wie Klimesch von selbst. Als Frucht seiner intensiven Tätigkeit ergibt sich eine Fülle gründlicher Arbeiten, die sich vor allem mit der Klärung schwieriger Formenkreise bei Coleophoriden und Nepticuliden befassen, aber auch der Erforschung der Lebensweise und der oft noch unbekannten ersten Stände gewidmet sind. Dazu kommen auch größere faunistische Arbeiten, wie zum Beispiel die Darstellung der gesamten Microlepidopteren in den Monographien von Prof. Dr. Franz.
Es ist bedauerlich, daß es trotz der hervorragenden Kenntnisse und Qualitäten Klimeschs nicht gelungen war, ihn aus dem Bankberuf herauszulösen und ihm einen Wirkungskreis an einem Museum zu verschaffen - es standen dem immer wieder bürokratische Hindernisse entgegen (keine Planstellen, dann, als er, neben seinem Beruf, das Studium der Zoologie absolvierte und zum Dr. phil. promoviert wurde, "zu alt" -, so daß er als Privatgelehrter ein umfangreiches und sehr wertvolles Arbeitspensum bewältigt, das manchen hauptberuflichen Zoologen in den Schatten stellen kann.
Immerhin wurden aber seine Verdienste durch mannigfache Ehrungen anerkannt: Eintragung in das Ehrenbuch der Universität Innsbruck und Verleihung des Ehrenzeichens "excellenti in litteris", Korrespondent des Naturhistorischen Museums Wien, Wissenschaftlicher Konsulent der Oberösterreichischen Landesregierung, Ehrenmitglied der Wiener Entomologischen Gesellschaft, und anderes mehr.
Es ist vielleicht gar nicht im Sinne des überaus bescheidenen Jubilars, wenn in weiteren Kreisen seines Geburtstages gedacht wird, den er, Nepticuliden sammelnd, auf den Kanaren verbringt. Aber als einem langjährigen Freund sei es dem Unterzeichneten doch gestattet, im Namen der entomologischen Wissenschaft Dr. Josef Klimesch allerherzlichst zu gratulieren: ad multos annos!
aus Reisser H., 1972: Dr. Josef Klimesch - 70 Jahre. - Ent. Z. 82: 94-96.

Deschka Gerfried (1982): Dr. Josef Klimesch – 80 Jahre. - Zeitschrift der Arbeitsgemeinschaft der österreichischen Entomologen 34: 1.


# Botaniker; 


Zeitschrift der Wiener Entomologischen Gesellschaft 35. Jahrgang, 1950, 137
Ehrung.
Ueber Ermächtigung des Bundesministeriums für Untericht vom 18. März 1950 hat der Erste Direktor des Naturhistorischen Museums Herr Gen.-Dir. Hofrat Dr. Michel am 21. März 1950, neben Vertretern anderer Disziplinen, die Lepidopterologen
Charles Boursin, Paris,
Dr. Egon Galvagni, Wien,
Ing. Hans Kautz, Seewalchen,
Josef Klimesch, Linz, und
Hans Reisser, Wien,
wegen ihrer Verdienste um das Naturhistorische Museum zu Korrespondenten des Naturhistorischen Museums bestellt.

+
Zeitschrift der Wiener Entomologischen Gesellschaft 35. Jahrgang, 1950, 138
Promotion.
Im Dezember 1950 wurde an der Universität Graz unser langjähriges Mitglied, Herr Josef Klimesch zum Doctor philosophiae promoviert. Die Leitung der Wiener Entomologischen Gesellschaft beglückwünscht Herrn Dr. Klimesch, den stets geschätzten Mitarbeiter an der Zeitschrift, daß er neben seiner Berufsarbeit durch beharrliches Studium und wissenschaftliche Leistungen dieses Ziel erringen konnte.

Ehrung Josef Klimesch aus: Zeitschrift der Wiener Entomologischen Gesellschaft 39. Jahrgang, 1954, 96

Ehrung Josef Klimesch aus: Zeitschrift der Wiener Entomologischen Gesellschaft 43. Jahrgang, 1958, 137-138

Pate Josef Klimesch

Datenblatt Josef Klimesch (aus Beitr. Naturkunde Oberösterreichs, Bd. 12)
Nachruf Josef Klimesch (aus Denisia, Bd. 8)
Lepidopterenforschung in Oberösterreich, Stand 1922 (aus Jber. Oberösterr. Musealver., Bd. 79)
Österreichs Beitrag zur Erforschung der Türkei (aus Stapfia Bd 34)
Todesanzeige Josef Klimesch (aus Mitt. Oberösterr. Musealverein Heft 27/5)
Autobiografie Josef Klimesch (aus Nota lepidopterologica 11)
Nachruf Josef Klimesch (aus Nota lepidopterologica 21)
Die Mollusken-Sammlung am Biologiezentrum Linz (aus Denisia 42)
Erich Martin Herings privates Photoalbum von Blattminenexperten (aus Quadrifinia 14)
Josef Klimesch 80 (aus Z. Arb.-Gem. Österr. Ent. 34)
Josef Klimesch 90 (aus Archiv Biologiezentrum Linz)
Josef Klimesch 70 (aus Ent. Zeitschr. 82)
Preisverleihung an Josef Klimesch (aus Acta Mus. Reginaehradecensis Supp. 1980)
Josef Klimesch 80 (aus Oberösterr. Kulturbericht)
Josef Klimesch 70(aus Ent. Zeitschr. 82)
Parte Magdalena Klimesch
Dr. Josef Klimesch - Landeskulturpreis für Wissenschaft 1986 (aus OÖ. Kulturbericht 41/1)
Totenbild Josef Klimesch

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