Todesanzeige Klaus und Christa Warncke

Dr. Klaus Warncke

* 14.5.1937 Neustrelitz/Mecklenburg
† 2.1.1993

Dr. Klaus Warncke

Als in der ersten Januarwoche 1993 die Nachricht eintraf, daß Dr. Klaus Warncke und seine Frau Christa nahe Kairo bei einem Verkehrsunfall getötet worden sind, konnten es Freunde und Bekannte nicht fassen. Das Leben dieser beiden dynamischen, vor Begeisterung sprühenden und andere faszinierenden Menschen sollte ein plötzliches und tragisches Ende genommen haben?
Alle Kollegen und Freunde, die mit Warncke schon auf Exkursionen unterwegs waren, wussten, daß er ein rasanter, aber souveräner und vorausschauender Autofahrer war. Auf unzähligen Auslandsreisen hatte er sich eine große Fahrpraxis erworben, so daß die Verwicklung in einen Autounfall von vielen als unvorstellbar empfunden wurde. Leider bestätigte sich die zunächst ungläubig aufgenommene Nachricht auf das Ent-setzlichste. Der genaue Hergang des Unfalles ist bis heute noch nicht hinreichend geklärt und wird wohl immer im Dunkeln bleiben.
Am 5. Februar versammelte sich eine große Trauergemeinde auf dem Friedhof von Vierkirchen im Landkreis Dachau, wo Warncke mit seiner zweiten Frau Christa seit 1989 gewohnt hatte, um von einem überzeugten Lehrer, begeisterten Biologen und auf-rechten Menschen Abschied zu nehmen. In den Trauerreden wurde das schulische Engagement von Warncke gewürdigt, das weit über die reine Wissensvermittlung hin-ausging. Er hatte freiwillig eine Reihe von Verpflichtungen übernommen und diese mit der ihm eigenen Konsequenz, hart gegen sich selbst und gelegentlich auch gegen an-dere vorzugehen, zum Erfolg geführt. Die Bedeutung seines wissenschaftlichen Wer-kes wurde dadurch unterstrichen, daß Vertreter zweier großer staatlicher Museen den Verlust für die entomologische Wissenschaft zum Ausdruck brachten (Dr. W. Dierl für die Zoologische Staatssammlung München und Dr. T. Osten für das Naturkunde-museum in Stuttgart).
Klaus Warncke wurde am 14. Mai 1937 als zweites von vier Kindern des Medizinalrates Dr. Kurt Warncke und seiner Ehefrau Thusnelda, geb. Schröter, in Neustrelitz/ Mecklenburg geboren. Von 1939 bis zum Kriegsende verbrachte er seine Kindheit in Samter bei Posen. Nach der Flucht im Januar 1945 hatte die Familie mehrere kurze Bleiben in Mecklenburg, Berlin und Thüringen, bis sie endlich nach der Heimkehr des Vaters aus Gefangenschaft in Oldenburg Fuß faßte und 1952 nach Braunschweig zog. Am dortigen mathematisch-naturwissenschaftlichen Gymnasium legte Warncke 1958 die Reifeprüfung ab. Nach dem Abitur konnte er sofort mit dem Studium beginnen, das auf das höhere Lehramt für Biologie, Geographie und Chemie ausgerichtet war. Den Studiengang bestimmten seine Hauptinteressen für Biologie und Erdkunde. Er ließ sich zunächst in Mainz immatrikulieren, studierte zwischendurch ein Semester in Freiburg, um dann vom 6. Semester bis zum Abschluß des Studiums in München zu bleiben. 1963 legte er das Staatsexamen in den Fächern Biologie und Chemie ab, 1964 folgte die Erdkunde. 1964 promovierte Warncke bei Prof. Merxmüller mit dem Thema "Die europäischen Sippen der Aconitum lycoctonum-Gruppe".
Die Semesterferien nutzte er zu zahlreichen Exkursionen, die von Island bis Italien und von Spanien bis zum Bosporus führten. Der Antrieb für diese Ende der 50er Jahre noch ungewöhnliche Reiselust waren zunächst seine ausgeprägten ornithologischen und länderkundlichen Interessen. Im Jahr 1962 wurde es ihm durch ein Stipendium ermöglicht, den 13. Internationalen Ornithologenkongreß in Ithaca/New York zu besu-chen und den Westen der USA kennen zu lernen.
Am 17.10.1964 heiratete er Ulrike Winklat-Zedtwitz, die die gleiche Fächerver-bindung gewählt hatte. Der einzige Sohn Jochen kam 1966 zur Welt. In zweiter Ehe war Warncke seit 1991 mit Christa, geb. Rüst, verheiratet.
Nach dem Studium war Warncke zunächst Referendar in München und Vilshofen. Seine erste Lehrerstelle führte ihn 1967 für ein Jahr nach Hilpoltstein, dann zwei Jahre nach Schrobenhausen. Seit 1970 war Warncke am Ignaz-Taschner-Gymnasium in Dachau tätig, zuletzt als Studiendirektor.
Warncke bestach als Lehrer vornehmlich in den Fächern Biologie und Erdkunde durch seine umfangreichen und fundierten Kenntnisse. Wie kaum ein zweiter Lehrer war er in der Lage, den theoretischen Hintergrund des Leistungskurses Biologie mit zahlreichen Praxisbeispielen zu illustrieren. Dabei kamen ihm die eigenen feldbiologischen Erfahrungen sehr zustatten. Warncke stellte im Unterricht hohe Anforderungen, so daß ihm die Zuneigung seiner Schüler nicht immer sicher war. Andererseits war ihm eine Reihe von Schülern dafür dankbar, daß er nicht trockene Labor-Biologie betrieb, sondern es mit Gespür verstand, sie für die belebte Umwelt zu motivieren. Warncke trug seine entomologische Betätigung auch in den schulischen Bereich hinein. Zwischen 1977 und 1984 kartierte er mit einem Kreis seiner Schüler die Wildbienenfauna ausgewählter Orte im Alpenvorland, in den Alpen und speziell im Landkreis Dachau. Die gewonnenen Daten sind ein wichtiger Grundstock für die Bienenfauna Bayerns im Rahmen des bayerischen Arten- und Biotopschutzprogrammes.
Das wissenschaftliche Werk Warnckes umfaßt 160 Beiträge (siehe Publikationsliste). Einige Arbeiten sind erst posthum erschienen. Viele der hinterlassenen Notizen sind zu fragmentarisch, als daß sie noch publiziert werden könnten.
Von 1957-1973 veröffentlichte Warncke insgesamt 51 Beiträge mit ornithologischem Inhalt. Ab 1965 treten zunehmend apidologische Arbeiten in den Vordergrund. Die Begeisterung für die Biologie, insbesondere für die Vogelkunde vermittelte ihm der Feldornithologe Klaus Baeseke. Zusammen mit seinem Freund Jochen Wittenberg veröffentlichte Warncke schon als Schüler die ersten Kurzbeiträge, die sich durch genaue Beobachtungsgabe auszeichnen. Neben mehr zufälligen Beobachtungen publizierte Warncke zunehmend Ergebnisse über die Siedlungsdichte und Brutbiologie von Vögeln. Seine Untersuchungen an den Horsten von Greifvögeln machten viele, oftmals schwierige Besteigungen von Nistbäumen und Brutfelsen notwendig. Seine zahlreichen Auslandaufenthalte schlugen sich ebenfalls in Arbeiten nieder.
Warncke besuchte 1964 erstmals Anatolien, das ihn fortan fesselte. In 36 Reisen dorthin wurde er zu einem der besten Kenner der türkischen Fauna. Von 1964 bis 1972 erschienen mehrere grundlegende Arbeiten über die Brutvögel der Türkei, die sich befruchtend auf die nun einsetzende weitere Durchforschung des Landes auswirkten. Warncke selbst gelangen die ersten türkischen Brutnachweise für mehrere Vogelarten, etwa für den Flamingo am Tuz Gölü. Mit zunehmender Fixierung auf die Wildbienen unterließ Warncke leider das konsequente Notieren ornithologischer Beobachtungen. Seine Formenkenntnis und sein scharfes Auge waren unbestechlich. Auch ohne Fernglas erkannte er viele Vögel schon am Flugbild und Verhalten, während andere Ornithologen selbst mit Feldstecher noch zu keinem Ergebnis gekommen waren. Die schon in den ersten vogelkundlichen Arbeiten erkennbare Beobachtungsgabe, Merkmale schnell und sicher zu erkennen und zu differenzieren, kam ihm auch auf dem Gebiet der Apidologie zugute, der er sich seit 1961 immer intensiver zuwandte. Nach eigener Aussage wechselte Warncke seine Studienobjekte, weil er ein Forschungsgebiet suchte, auf dem noch Kärnerarbeit zu leisten war. Offenbar 1961 riet ihm Dr. Walter Forster, damaliger Direktor der Zoologischen Staatssammlung in München, sich mit der Bienengattung Andrena zu befassen, in der nach dessen Meinung ein völliges Chaos herrsche. Dieser Herausforderung und der Bearbeitung zahlreicher weiterer Bienengattungen nahm sich Warncke in den 30 folgenden Jahren an. Warncke profitierte hierbei von den umfassenden Kenntnissen Dr. W. Grünwaldts, der ihn in die Taxonomie und Systematik von Andrena eingeführt hatte.
Warncke hielt sich erstmals im April und Mai 1961 zum Studium der Vögel und der Bienen an der unteren Donau und in den Marchauen auf. Im gleichen Jahr sammelte er erstmals, allerdings noch mit geringer Ausbeute, Bienen in Griechenland. Zusammen mit dem Ehepaar Grünwaldt und seiner späteren Frau Ulrike bereiste er dieses Land 1963 zum zweiten mal. Bevorzugtes Sammelgebiet wurde jedoch die Türkei, in die er von 1964 bis 1991 36 Exkursionen mit wechselnden Begleitern, teilweise auch allein, unternahm. In den letzten 10 Jahren bereiste er praktisch alle Länder Nordafrikas und des Vorderen Orients. Wegen seiner vorzüglichen Orts- und Formenkenntnisse schlossen sich seiner Führung viele Vogel- und Insektenkundler an.
Mit der Veröffentlichung seiner beiden umfangreichen Arbeiten über die paläarktischen Andrena-Arten (1967) und über die westpaläarktischen Untergattungen von Andrena (1968) war Warncke zur Autorität für diese Gattung geworden. Aufgrund morphologischer Untersuchungen gruppierte er die Sandbienen neu. Die Klärung zahlreicher Namen und die dazugehörigen Typenuntersuchungen machte den Besuch der großen europäischen Museen notwendig, an denen Typenmaterial aufbewahrt wird. Bis 1969 hatte Warncke bereits 10 Arbeiten über die Gattung Andrena in der Westpaläarktis verfaßt. Diese Faunenregion und zusätzlich der Iran und die zentralasiatischen Republiken waren fortan sein Arbeitsgebiet. Dieser riesige Raum bot sich auch an, tiergeographischen Fragen nachzugehen. Von Anfang an sammelte Warncke kontinuierlich alle Bienengattungen. So trug er im Laufe der Jahre umfangreiches Material zusammen.
Der Beitrag zur Verbreitung und Systematik von Prosopis (1970) markiert den Beginn seiner Publikationen über weitere Gattungen. Es folgen dann sehr schnell die Panurginae (1972) und die Melittidae (1973). Zwischenzeitlich erschienen mehrere Beiträge über Andrena und Halictus. 1977 begann Warncke eine Serie systematisch-faunistischer Arbeiten über den Iran, die weitgehend auf den Aufsammlungen von Soika, Bytinski-Salz, Mavromoustakis, Schäuffele und Richter fußt, die 1978 durch eigenes Material aus dem Iran ergänzt wurden.
Bis 1977 hatte sich Warncke so umfangreiche Kenntnisse über die Bienen erworben, daß er die von Michener geschaffene Großsystematik nach eigenen Vorstellungen änderte. In seinen Untersuchungen kommt Warncke unter anderem zum Ergebnis, daß Michener die Merkmale für die systematische Stellung der einzelnen Bienenfamilien überbewertet hat, und deshalb nur von einer Familie Apidae statt einer Überfamilie Apoidea auszugehen sei. Seine Arbeiten über Anthidium, Halictus, Osmia u.a. weisen darauf, daß Warncke weitestgehend gegen eine Aufspaltung der klassischen Bienengattungen war, wie sie von anderen Autoren betrieben wird.
Zwischen 1977 und 1983 wurde die Revision westpaläarktischer Gattungen mit Dioxys, Rophites, Anthidium, Halictus und Pasites u. a. fortgeführt. Von 1988 bis 1992 erfolgte in 11 Teilen die der Gattung Osmia, die er neu gliederte. Zuletzt beschäftigte sich Warncke mit den Gattungen Sphecodes, Coelioxys und Stelis. Insgesamt befaßte sich Warncke mit der Taxonomie von 25 Gattungen, aus denen er 57 neue Taxa der Gattungsgruppe und 887 der Artgruppe beschrieb.
Warnckes Sammeleifer war leidenschaftlich groß, wie ein Blick in das seit 1952 geführte Exkursionstagebuch zeigt. Von seinen Exkursionen ins Ausland brachte er stets mehrere tausend Bienen mit nach Hause, die er innerhalb kürzester Zeit aufarbeitete. Zusätzlich floß ihm auch viel Material befreundeter oder bekannter Entomologen leihweise oder als Schenkung zu, so daß er bei seinen Arbeiten ein umfangreiches Vergleichsmaterial berücksichtigen konnte.
Warncke befaßte sich intensiv mit den mitteleuropäischen Bienen. Die Ergebnisse wurde in "Die Wildbienen Mitteleuropas, ihre gültigen Namen und ihre Verbreitung" und mehreren Beiträgen über die Bienen Bayerns veröffentlicht. In Mitteleuropa stellte Warncke eine Autorität dar, an der kaum jemand vorbei kam, der sich mit der Taxonomie und Faunistik der Bienen befaßte. Warncke wirkte an zwei Fassungen der Roten Liste gefährdeter Tiere mit, war oft als Gutachter tätig und trug auf unzähligen Exkursionen grundlegendes Datenmaterial für eine moderne Bienenfauna von Bayern zusammen. Ab 1976 begann er konsequent damit, alle Bienensammlungen in Bayern zu überprüfen und die Daten zu erfassen. Bis zu seinem Tode erhielt das Landesamt für Umweltschutz von Warncke etwa 320.000 Datensätze, die Grundlage für eine Kartierung der Bienen Bayerns bilden. 1994 wollte Warncke sein auf der naturräumlichen Gliederung Bayerns basierendes Faunenwerk der Bienen abschließen.
Klaus Warncke war ein ungewöhnlicher Mensch: dynamisch, sprichwörtlich bienenfleißig, mitreissend, streitbar, aber auch wieder konziliant. Christa Warncke begeisterte jedermann durch ihre ungezwungene Offenheit und ihre liebenswerte und fröhliche Art. Der Tod von Klaus und Christa Warncke stimmt auch heute noch traurig.
aus KRAUS M. & S.M. BLANK, Linzer biol. Beiträge 26 (2): 649-663 (1994)

Lebenslauf Klaus Warncke

Taxa beschrieben von Klaus Warncke
Würdigung Klaus Warncke (aus Nachrichtenblatt Bayerischer Entomologen, Bd. 42)
Datenblatt Klaus Warncke (aus Beitr. Naturkunde Oberösterreichs, Bd. 12)
Wildbienenforschung in Österreich (aus Kataloge Oberösterreichisches Landesmuseum, Bd. N.F. 10 [2. Auflage] = Katalog des Tiroler Landesmuseums Ferdinandeum Innsbruck)
Hymenopterenforschung im Karpatenbecken (aus http://www.smmi.hu/termtud/ns/ns.htm)

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