Christian Casimir, Kajetan Brittinger
# Botaniker, Apotheker; Entomologe;
geb. 30.4.1795 in Friedberg in Hessen, gest. am 11.1.1869. Apotheker in Steyr.
6 Publ. (1861-1851) über Odonata, Libelluiden und Lepidoptera von OÖ (Index Lit. Ent. I).
Biogr: Oestr. Bot. Ztg. 1860, p. 209. [Alles nach Index Lit. Ent. I].
Die erste größere Publikation als Ergebnis langjähriger Sammeltätigkeit verdanken wir dem Apotheker Christian Brittinger in Steyr, geboren am 30. April 1795 zu Friedberg in Hessen-Darmstadt, gestorben am 15. Jänner 1869 im 74. Lebensjahre.
Seine Arbeit "Die Schmetterlinge des Kronlandes Österreich ob der Enns" weist 684 Arten auf, darunter auch die Funde befreundeter Sammler, des Regimentsarztes Dr. Edler von Zimmermann in Wels, des ständischen Beamten Josef Hinterberger in Linz und des Kooperators Ferdinand Greil in Gaspoltshofen, ohne jedoch hierüber besondere Angaben zu bringen.
Dass damals schon nicht bloß eifrig, sondern auch an nicht wenigen und gut im Lande verteilt liegenden Orten gesammelt wurde und gerade darin eine Hauptbedingung zur Erreichung der hohen Artzahl zu ersehen ist, die in Anbetracht der in jener Zeit noch nicht so weit wie gegenwärtig entwickelten Sammeltechnik überrascht, ergibt sich aus den oft oder doch mehrmals aufscheinenden Fundorten: Steyr, Sierning, Schoberstein, Altpernstein, Kremsursprung, Falkenmauer, Grünau, Steyrling, Stoder, Windischgarsten, die Hochalpen bei Spital a. P., Linz, Donauauen, Ebelsberg, Asten, St. Florian, Haselgraben, Lichtenberg (Gisela- warte), Gramastetten, Ottensheim, Pfenningberg, Gallneukirchen, Schloss Haus bei Prägarten, Wels, Hörsching, Lambach, Gmunden und Aschach a. D. Die Zahl der angeführten Arten ist so groß, dass sie schon einen gut orientierenden Blick über die Großschmetterlingsfauna des Landes zulässt.
Eine vergleichende Durchsicht der verzeichneten Arten mit den in späteren Publikationen angeführten ergibt 55 Arten und Formen, die seither weder an den angegebenen, noch an anderen Orten im Lande wiedergefunden worden sind, weshalb sie von besonderem Interesse sind. Sie sind im 42. Jahresberichte des Vereines für Naturkunde in Oberösterreich (1914) als "Verschollene oberösterreichische Makrolepidopteren" von F. Hauder verzeichnet.
Christian Brittinger, dessen Andenken auch in der von Dr. Rebel und Rogenhofer nach ihm benannten schwärzlichen Form von Parnassius apollo L. ab. brittingeri erhalten ist, war auf naturwissenschaftlichem Gebiete vielseitig tätig. Er veröffentlichte "Ein Alpensflug auf den Pyhrgas bei Spital a.P.", Linz, 1843, schrieb über Libellen, die Flora von Oberösterreich und die Raubvögel Oberösterreichs. Das Landesmuseum besitzt die von ihm angelegte, ziemlich vollständige Sammlung von Eiern einheimischer Vögel. Die Arbeit über "Die Brutvögel Oberösterreichs" erschien im 26. Jahresbericht des Museums Francisco-Carolinum, 1866, wobei ihm die selbst angelegte Eiersammlung diente.
Seite 4 seiner angeführten Arbeit sagt er, dass er seine Sammlung nach der Systematik Dr. J. A. Boisduval angelegt hat. Über das Schicksal dieser Sammlung mit ihren vielen wertvollen Belegen für die Landesfauna Näheres in Erfahrung zu bringen, blieb bis heute eine vergebliche Bemühung des Verfassers. Dem einen vor kurzem in Linz verstorbenen Enkel war von einer Schmetterlingssammlung seines Großvaters nichts bekannt, der andere, zurzeit in Linz wohnende Alfred Brittinger hatte die Freundlichkeit, folgendes mitzuteilen: "... dass die gesamten Sammlungen meines Großvaters nach dem Tode meines Vaters (1877), bestehend aus einer Schmetterlings-, Pflanzen- sowie Eiersammlung aller in Oberösterreich brütenden Vögel, an die Bürgerschule in Steyr unter dem damaligen Direktor Olbrich geschenkt wurden." Die Eiersammlung ist, wie oben erwähnt, nun im Landesmuseum, aber von einer Schmetterlingssammlung findet sich keine Spur. Darüber ist auch, wie Herr Stadtschulinspektor Karl Mitterberger mitzuteilen die Güte hatte, in der Schulchronik kein Wort verzeichnet. Noch liegt also über dem Schicksal dieser ersten, bedeutenden, einheimischen Schmetterlingssammlung ein Dunkel.
Ob die Mitarbeiter Brittingers, die Herren Dr. med. Edlver von Zimmermann in Wels, geboren 1807, gestorben 1878 als Generalstabsarzt, "eines gelehrten Naturforschers", wie ersterer in der Einleitung zu seiner Arbeit sagt, und Kooperator Ferdinand Greil, der als Pfarrer in Aschach a. D. in Pension ging, Aufzeichnungen über ihre Funde hinterlassen haben, war nicht festzustellen. Sie wären uns sicher von ganz besonderem Werte, namentlich über jene aus der Welser Heide, die damals noch auf weite Strecken den ursprünglichen Charakter in Flora und Fauna besaß. Nach dem Tode v. Zimmermanns ging dessen Sammlung an Max Wiskott in Breslau über. In Heft 1/2, S. 141, des Bandes XXXIV der Deutschen Entom. Zeitschrift "Iris"-Dresden sagt Fürst Aristide Caradja in Bukarest: "Auch die von mir seinerzeit erworbene Sammlung des Stabsarztes von Zimmermann ist reich an Mikrolepidopteren, die J. Mann sammelte." Besaß v. Zimmermann etwa zwei Sammlungen? Über den Verbleib des von den übrigen Mitarbeitern gesammelten Materials konnte leider auch nichts in Erfahrung gebracht werden. Damit ist sicher ein wissenschaftlich wertvoller und für das Land ein faunistisch historischer Schatz verloren gegangen.
Von Josef Hinterberger, ständischen Beamten in Linz, von dem Brittinger sagt, dass er "ein unermüdeter, eifriger und kenntnisreicher junger Mann" sei, ist eine Arbeit bekannt, die unter dem Titel Beitrag zur Charakteristik der oberösterreichischen Hochgebirge" im 18. Jahresberichte (1858) des Museums Francisco-Carolinum erschienen ist und 46 Makro- und 22 Mikrolepidopterenarten aufweist, leider ohne jede nähere Angabe über Ort und Zeit des Fanges. Daraus hebe ich hervor: Parnassius delius Esp., Colias chrysotheme Esp., Erebia lappona Esp., Satyrus alcyone Schiff. und briseis L., Anophia leucomelas L. (oder Aedia funesta Esp.), Ennomos quercinaria v. equestraria F. und Psodos trepidaria Hb., die mit Ausnahme der zweitgenannten Art nicht wieder gefunden worden sind. Von der ersten ist bis heute kein sicherer Fundort im Lande bekannt geworden, die zweite ist nicht in den Hochalpen daheim, die meisten übrigen finden sich ebenfalls unter den aus Brittingers Arbeit als verschollen bezeichneten Arten.
Wenn Christian Brittinger in seiner Publikation, S. 4, schreibt: "Mit den Spannern habe ich mein Verzeichnis geschlossen, da in unserer Provinz sich noch sehr wenige mit den Mikrolepidopteren beschäftigt haben; so lässt sich vorderhand an ein Verzeichnis derselben noch nicht denken, es bleibt daher der späteren Zeit vorbehalten", so ersehen wir daraus, dass schon zu seiner Zeit die sogenannten Kleinschmetterlinge nicht gänzlich unbeachtet geblieben sind, und in der Tat finden sich in der angeführten Publikation Josef Hinterbergers 22 Arten verzeichnet, darunter Pyrausta albofascialis Tr., Heliothela atralis Hb. und Psecadia sexpunctella Hb. Leider fehlen nähere Angaben über Ort und Zeit des Fanges auch bei diesen. Im XIV. Jahresbericht des Museums Francisco-Carolinum, Linz, 1854, schrieb Hinterberger über die Vögel von Österreich ob der Enns.
Auszug aus Jb.OÖ.Mus.Ver. 80: 244-246. Nachruf in der Linzer Tages-Post vom 14.I.1869, Nr. 10 (laut Archiv Kerschner)
Biografie Christian Brittinger (Gebhardt L., 1964, Die Ornithologen Mitteleuropas)
Entomologische Forschung in Oberösterreich, Stand 1958 (Z. Wiener Ent. Ges. Bd. 43)
Lepidopterenforschung in Oberösterreich, Stand 1922 (aus Jber. Oberösterr. Musealver., Bd. 79)
Nachruf Christian Brittinger (aus Österreichische Botanische Zeitschrift = Plant Systematics and Evolution 10)
Zur Geschichte der Erforschung der Flora Österreichs (aus Neilreichia Bd 1)
Todesanzeige Christian Brittinger (aus Tages-Post, 14.1.1869)
Die historische Portraitsammlung der Lepidoptera-Sammlung im Naturhistorischen Museum Wien - Vom Standesportrait bis zum "Entomologen-Selfie" des 19. Jahrhunderts (aus Quadrifinia 12, p. 59)
Auf Suche nach der Odonatensammlung Christian Brittinger (aus Hagenia 6)