Stefan Schödl - Bild aus Zettel H., 2005: Dr. Stefan Schödl +. - Ann. Naturhist. Mus. Wien 106 B: 5-10.

Dr. Stefan Schödl

* 29.4.1957 Sandviken bei Gävle, Schweden
† 20.4.2005

Dr. Stefan Schödl


Es fällt mir unglaublich schwer, diese Zeilen zu schreiben - ich will und kann es einfach nicht wahrhaben - doch diese Tatsache ist unabwendbar, so schrecklich und ungeheuerlich sie auch sein mag: mein Freund, Arbeitskollege und oftmaliger Reisebegleiter Stefan Schödl ist am 20. April dieses Jahres für immer von uns gegangen, noch nicht einmal 48 Jahre alt.
Jeder Gedanke an ihn schmerzt - noch allzu tief ist die durch sein frühes Ableben verursachte Betroffenheit. Frisch im Gedächtnis eingekerbt ist die Erinnerung an die Begräbnis-Zeremonie am 4. Mai auf dem Hietzinger Friedhof, wo fast alle Mitarbeiter seiner Museums-Abteilung und viele andere Zoologen und Entomologen anwesend waren - unvergesslich sind die ergreifenden Worte, die von seinem Bruder Alexander Schödl und von seinem Schulfreund und Trauzeugen Martin Kleibl am offenen Grab und in der Aufbahrungs-Halle gesprochen wurden.
Siebenmal fuhren Stefan und ich gemeinsam nach Südost-Asien bzw. in die Türkei - soetwas verbindet - dabei lernt man sich näher kennen - kein anderer Mensch hat mich bisher öfter auf Fernreisen begleitet als er. Oft und gerne schwelgten wir in Erinnerungen, ließen unsere Gedanken an Orte gemeinsamer Erlebnisse schweifen. Auf den Spuren der legendären "Deutschen Limnologischen Sunda-Expedition" von 1929 besuchten wir zweimal den Toba-See auf Sumatra, geologisch betrachtet einer der bedeutendsten Orte der Erde . Ich weiß nicht, wieviele unentdeckte Käfer-Arten wir zusammen aufspürten, um sie in der Sammlung des Naturhistorischen Museums zu deponieren; es mögen wohl hunderte sein. Einer der spektakulärsten Funde gelang uns in den Urwäldern von Sulawesi, wo wir den kleinsten Hirschkäfer der Welt, eine bis dahin unbekannte, nur stecknadelkopfgroße Spezies aus dem morschen Holz eines umgestürzten Baumriesen stocherten. Als sportliche Glanzleistung unserer gemeinsamen Expeditionen gilt zweifellos die Nord-Süd-Durchquerung der Molukken-Insel Seram (westlich von Neuguinea), eine harte Bewährungsprobe für alle Teilnehmer. Kaum weniger anstrengend gestaltete sich die Reise zu den letzten Ureinwohnern Südostasiens, nach Siberut, wo wir tagelang durch Morast und Tiefland-Sümpfe stapften, in Schweineställen schliefen und so "ganz nebenbei" noch schweißtreibende Aufsammlungen durchführten und zahlreiche Fotos von Pfeil-und-Bogen bewehrten Dschungelbewohnern schossen. Um den in einer Bucht vor der Insel Nias ankernden, von mächtigen Wellen geschaukelten, abfahrtsbereiten Fischkutter unter allen Umständen noch zu erreichen, überwanden wir unter Lebensgefahr in exotischen Ausleger-Booten die mächtige Küsten-Brandung, was erst nach einigen nervenaufreibenden Fehlversuchen, begleitet von schadenfrohem Gejohle dutzender Einheimischer, gelang. Im Innern von Sulawesi stoppten übermütige Dorfbewohner unser Auto und rissen die Fenster auf, um unsere behaarten Unterarme zu betasten. War zuwenig Platz auf der bequemen Matratze im Exkursions-Bus, dann schlief Stefan ohne zu zögern auf der Sitzbank, was ihm die Sympathien der Mitreisenden sicherte. Seine Genügsamkeit, seine Besonnenheit und sein zurückhaltender, uneigennütziger Charakter machten ihn zum idealen Reisepartner, dessen einzige Schwäche, wenn man überhaupt von einer solchen sprechen kann, darin bestand, dass er gelegentlich die in Südost-Asien im Übermaß erforderliche Geduld nicht aufbringen konnte. Ach wie gerne würde ich noch einmal mit ihm über dieses oder jenes Reiseerlebnis plaudern….
Stefan Schödl wurde am 29. April 1957 in Sandviken bei Gävle in Ost-Schweden (Gävleborg) geboren, wo er in Storvik, 10 km westlich von Sandviken, auch kurz die Volksschulbank drückte. Auch wenn er auf Grund seines rötlich-blonden Teints tatsächlich skandinavisch wirkte, so waren seine Eltern (Dr. Horst und Charlotte Schödl, geb. Töply) doch waschechte Wiener, die aus beruflichen Gründen 1950 für einige Jahre nach Schweden übersiedelt waren. Stefans Vater arbeitete im Krankenhaus von Storvik, wo er auch eine kleine Ordination als Praktischer Arzt betrieb. 1965 ging seine Mutter mit den drei Kindern (Beate, Jg. 1955, Alexander, Jg. 1959 und Stefan) zurück nach Wien, wo sie wieder in das von Stefans Urgroßvater erbaute "Schödl’sche Familienhaus" in der Landstraßer Hauptstraße einzogen. Der Vater folgte erst ein paar Jahre später nach. Die schwedische Sprache hatte Stefan auch als Erwachsener noch nicht ganz verlernt, was er zur Erheiterung mancher Koleopterologen-Runde auch bewies, indem er ein paar Sätze in dieser für uns so exotisch anmutenden Sprache radebrechte. Einmal half er mir, den gesprochenen Text des automatischen Anrufbeantworters des Museums in Stockholm zu übersetzen.
Den Vorschlag seiner Eltern, die Internatschule in Strebersdorf zu besuchen, lehnte Stefan kategorisch ab. Das nahegelegene "Landstraßer Gymnasium" (Bundesgymnasium III, GRG 3 Kundmanngasse) sagte ihm eher zu, doch er zählte nicht zu den eifrigsten Schülern, die 7. Klasse musste er jedenfalls wiederholen. Nach der Matura im Jahr 1976 und dem Militärdienst (als Sanitäter in der Van-Swieten-Kaserne in Wien-Stammersdorf) inskribierte er im November 1977 an der Medizinischen Fakultät der Universität Wien, wechselte aber im Sommersemester 1979 zur Biologie (Zoologie und Botanik). Das war jene Zeit, in der ich Stefan Schödl zum ersten Mal begegnete, nämlich im Rahmen einer botanischen Exkursion in die Praterauen. Noch heute erinnere ich mich, dass er im Zuge der "gemütlichen Einkehr" im Lusthaus anschließend an die Lehrveranstaltung - im Gegensatz zu den meisten anderen Studenten - kein Bier, sondern seinen geliebten Espresso trank. Kaffee und Zigaretten waren schon damals fixer Bestandteil seines Tagesablaufs.
Es dauerte aber noch geraume Zeit, bis er zum ersten Mal an der Stätte seines späteren Wirkens, in der Entomologischen Abteilung am Naturhistorischen Museum Wien auftauchte, obwohl seine Familie schon viele Jahrzehnte zuvor mit dieser Institution eng verbunden war. Seine "Tante Irma" (Maria Anna Emilie Schödl, geb. am 8. September 1887), den Schödl-Kindern vor allem wegen ihrer freifliegenden Wellensittiche in guter Erinnerung, wurde am 1. Mai 1918 am Naturhistorischen Museum als "Manipulantin" angestellt, und der berühmte Schmetterlingsforscher Leopold Johann Rebel (in den Jahren 1925-1932 Erster Direktor dieses Hauses) ehelichte sie an seinem Sterbebett, im Mai 1940, nachdem beide schon seit langem ein Paar gewesen waren. Stefans Vater hatte ein inniges Verhältnis zu beiden und verbrachte mit ihnen manche Sommerferien. Rebels private Mineraliensammlung war zuletzt Stefans Eigentum, was er gelegentlich, nicht ohne Stolz erwähnte.
Im Jahr 1987 war es schließlich soweit. Stefan war nun - nachdem er sich im Rahmen des Studiums eine Zeit lang mehr oder weniger erfolgreich mit Pseudoskorpionen beschäftigt hatte - fest entschlossen, meinem Beispiel zu folgen und eine taxonomische Dissertation zu schreiben. Als Thema wählte er die Revision der Wasserkäfer-Gattung Berosus. Dies war der Beginn einer beispiellosen Karriere. Er war ein Jahrhunderttalent mit Blick für das Wesentliche und Hang zum Perfektionismus; nebenbei war er auch noch ein ganz phantastischer, unermüdlicher Sammler, der keine Sekunde lang zögerte, koprophile Hydrophiliden mit den bloßen Fingern ins Innere dampfender Kuhfladen zu verfolgen, wenn er mal keine geeignete Pinzette zur Hand hatte. Dass bisher 33 Insekten-Arten (30 Käfer, 3 Wanzen; siehe unten) nach Stefan Schödl benannt wurden, ist in erster Linie seiner zwischen 1988 und 2000 überaus regen Exkursionstätigkeit (siehe unten) und seinem vorbildlichen Sammeleifer zu verdanken. Trotz des Großaufgebots an Entomologen, die in den vergangenen Jahren die Seychellen faunistisch unter die Lupe nahmen, blieb Stefan beispielsweise der einzige, der es schaffte, die verschollene Hydraena mahensis wiederzuentdecken. Er war stets ein Garant für neue Arten, selbst wenn er sich auf privaten Urlaubsreisen (Malaysia, Tunesien, Türkei) befand.
Viel Spaß bereitete uns beiden ein in dieser Zeit gemeinsam durchgeführtes ökologisches Gutachten für die Gemeinde Wien (JÄCH, M.A. & SCHÖDL, S. 1990: Dotation Lobau, begleitendes ökologisches Versuchsprogramm. Halbquantitative Aufnahme der Wasserkäfer. - Gemeinde Wien, Magistratsabteilung 45, 44 pp.), was ihm auch einige Tantiemen bescherte.
Die Revision der Gattung Berosus war ohne Zweifel das taxonomische Glanzstück seiner Karriere. Sie wurde in mehreren erstklassigen Publikationen, großteils in der Koleopterologischen Rundschau veröffentlicht und bildete die Basis seiner Dissertation, die er 1993 abschloss (er promovierte am 27. Jänner 1994). Unvollendet blieb leider die Enochrus-Revision, die sein zweites Meisterwerk hätte werden sollen. Nachdem er den Sprung vom Studenten zum Arbeitslosen geschafft hatte, blieb er weiterhin dem Museum treu zu Diensten und verdingte sich für ein Taschengeld stundenweise als technische Hilfskraft (Präparation, Etikettierungen, etc.).
Am 17. Juli 1995 erhielt Stefan Schödl schließlich eine feste Anstellung am Naturhistorischen Museum, nachdem er sich aufgrund maßlos übertriebener Bescheidenheit lange geweigert hatte, sich um diesen Posten überhaupt zu bewerben. Nur schwer konnte ich ihn davon überzeugen, dass er diese Chance nicht ungenutzt lassen dürfe. Er wurde als Nachfolger von Maximilian Fischer, einem der bedeutendsten Hautflügler-Spezialisten der Welt, zum Kurator der Hymenopteren-Sammlung ernannt, was einen entscheidenden Wendepunkt in seiner Karriere darstellte. Damit begann für Stefan eine neue Herausforderung, welcher er sich mit der für ihn typischen Hingabe und Kompromisslosigkeit stellte. Für ihn war weniger der Aspekt der damit verbundenen finanziellen Sicherheit sondern vielmehr der offizielle Auftrag zur wissenschaftlichen, administrativen und öffentlichkeitsbezogenen Verwirklichung seiner Vorstellungen ausschlaggebend. Dass er dabei seine "Erste Liebe", die Wasserkäfer, allmählich hinter sich lassen musste, fiel ihm nicht leicht. Lange Zeit war er hin und her gerissen zwischen Hymenoptera und Coleoptera, versuchte beides unter einen Hut zu bringen, mal brachte er die Käfer-Laden, sich vielfach dafür entschuldigend zurück, holte sie bald darauf, zuversichtsstrotzend, wieder zu sich. Sein Hauptaugenmerk galt ab 1995 jedoch den Ameisen, ganz vergessen konnte er die Käfer aber nie.
In seiner ersten wissenschaftlichen Publikation widmete er Berosus jaechi seinem "Freund, Kollegen und Lehrer”. Stefan war - was mich wohl am meisten mit ihm verbindet - mein erster "Schüler". Viel beibringen musste ich ihm jedoch nicht. Als Naturtalent, Autodidakt und Pedant begriff er die Grundprinzipien der Taxonomie ganz von selbst. Mittlerweile wurden viele Wasserkäfer-Spezialisten an diesem Haus ausgebildet. Stefan hatte durch sein Wirken jedenfalls wesentlichen Anteil daran, den Ruhm des Naturhistorischen Museums in Wien als Weltzentrum für Wasserkäfer zu etablieren, wofür ich ihm zu großem Dank verpflichtet bin.
Am 24. Juni 1987 heiratete Stefan Schödl Irmela Strasser, die er schon vom Gymnasium her kannte. Während seiner Reisen verbrachte er täglich oft mehrere Stunden, um seitenlange Briefe an seine Frau zu schreiben, gleichsam als Tagebuch-Ersatz, wie er beteuerte. Am 12. März 1993 wurde ihnen ein Sohn, Sebastian, geboren. Dies war jene Zeit, in der unser Kontakt am engsten war. Wir wohnten im gleichen Bezirk, nur wenige hundert Meter voneinander entfernt, und unsere Söhne waren im selben Jahr zur Welt gekommen, was uns zusätzlich zum Wasserkäfer-Interesse nun auch privat verband. Damals lernte ich Stefan auch im Kreise seiner Familie und seiner betagten Eltern in der Landstraßer Hauptstraße kennen und war gelegentlich auch Gast im Haus seiner Schwiegereltern in Grammatneusiedl.
Das Glück schien perfekt: intakte Familie, feste Anstellung, Erfüllung im Berufsleben. Vorbei schien die Zeit seiner studentischen Umtriebigkeit und seiner jugendlichen Eskapaden. Doch Stefan war nicht zufrieden, es gab einiges, womit er sich nicht zurecht fand. Beamtenmentalität war ihm, dem Freigeist und genialen Wissenschaftler, ein Greuel. Das starre Korsett der Bürokratie schnürte ihn zu sehr. Der Zeitpunkt seiner Anstellung fiel just mit einer größeren inneren Umstrukturierung des Museums und einer daraus resultierenden ideologischen Prioritätenverschiebung zusammen, die nicht immer seine Zustimmung fand. Unklare Kompetenzverhältnisse und dutzende weitere Kritikpunkte, vor allem im Verwaltungsbereich, waren für ihn, den pflichtbewussten Perfektionisten, der nie vergaß, vor dem Wochenende den Warmwasser-Thermostat zurückzudrehen, unerträglich. Die Jahrtausendwende war für Stefan eine Zeit der Unzufriedenheit - er machte auch kein Hehl daraus. Hart traf ihn der Vorwurf, dass er, den seine Kommilitonen schon auf den Studenten-Exkursionen wegen seiner Eifrigkeit beim Käfersammeln als "Staubsauger" bezeichneten, seine Dienstreise auf die Seychellen als Urlaubsaufenthalt missbrauchen könnte.
Der Tod seines Vaters (August 2000), die Trennung von Frau und Kind (2000) und die darauf folgende Scheidung (2001) bewirkten in Stefans Leben eine weitere entscheidende Wende - von nun an war er noch ernster, noch kritischer, noch sensibler, introvertierter und grummeliger. Trotzdem war er weiterhin bei allen Mitarbeitern beliebt. Sobald man ihn um Hilfe bat, war Stefan von wohltuender Hilfsbereitschaft, zuvorkommend und höflich, was jeder in der Abteilung zu schätzen wusste. Er spielte sich nie in den Vordergrund, Angeberei war ihm zuwider. Niemals wäre es ihm eingefallen, seine Position am Museum für Karrierezwecke oder Selbstdarstellung zu missbrauchen, er war ein treuer Diener dieses Hauses. Übertriebener Ehrgeiz war ihm fremd. Gutes Benehmen war ihm in die Wiege gelegt worden, Tratsch und Klatsch hasste er. Er war ein "grummelnder Gentleman", ein "liebenswerter Grantscherm". Er sah sich gern als das Gewissen der Abteilung, präsentierte sich gelegentlich aber gewissenhafter als er dann tatsächlich war. Trotz seiner guten Erziehung fügte er sich nahtlos in die rauhbeinige Welt der Koleopterologen ein, weshalb wir ihn mit liebevollen Spitznamen wie Schnösel, Schnöselkäfer, Stivi, Robert Redford und Ameisenbär bedachten, was er - je nach Laune - mit einem schallenden Lachen oder mit einem verständnislosen und unverständlichen Gemurmel quittierte. Er war aber nicht nachtragend.
Kompromisslosigkeit gegenüber sich selbst und anderen sowie Ungeduld im Zuge von Diskussionen und Konfliktlösungen waren jene Eigenschaften, mit denen er Mitmenschen gelegentlich auf Distanz hielt. Manchmal war er gewissen Themen gegenüber verschlossen und unzugänglich. Oft gab er sich locker und jovial, stieß sich dann aber an Nichtigkeiten, die niemand außer ihm bemängelte.
Stefan war kein großer Vereinsmeier. Am 15. März 1991 übernahm er die Funktion des Schriftführer-Stellvertreters des Wiener Coleopterologenvereins, trat jedoch zwei Jahre später, am 19. März 1993 wieder zurück. Seine Funktion als Kassier der Österreichischen Gesellschaft für Entomofaunistik, deren Gründungsmitglied er war, übte er ebenfalls nur kurz aus (1999-2002).
Stefan war auch kein Gesellschaftstiger, meist verliess er die Abteilungs-Weihnachtsfeier als Erster, jedoch nicht ohne sich höflich zu verabschieden. Teamarbeit war nicht seine größte Stärke, er entfaltete sein geniales Können als Einzelgänger in wissenschaftlichen Revisionen. Er suchte die Einsamkeit des Monographen, er genoss das süchtig machende Eintauchen ins Füllhorn der Artenvielfalt. Die Berosus-Revision entstand großteils spätnachts in seiner Wohnung in der Landstraßer Hauptstraße, wenn er sich ungestört wusste. Fernsehapparat, Kaffeeduft und Zigarettendunst dienten ihm dabei zur Regeneration und Inspiration. In den Verschnaufpausen traf man ihn im Cafe Haller, wo er schon als Mittelschüler gerne "herumhing". Die Inbrunst, mit der er sich "seiner" Taxonomie hingab, spiegelt sich in der herausragenden Qualität der Strich-Zeichnungen wieder, die zu jenem Zeitpunkt völlig neue Maßstäbe unter den Hydrophiliden-Bearbeitern setzten.
Was seine wissenschaftliche Publikationstätigkeit betrifft, wurde es nach dem Jahr 2000 ruhiger um Stefan. Er trat fast nur noch als Koautor in Erscheinung. Er wandte sich statt dessen verstärkt der Redaktionstätigkeit (Annalen des Naturhistorischen Museums, Beiträge zur Entomofaunistik, Myrmecologische Nachrichten) zu, einem Arbeitsbereich, der Menschen seines Formats ebenfalls mehr als dringend braucht.
Besonders in den letzten Lebensjahren beschäftigte sich Stefan Schödl viel mit der Pflege und Zucht von Kakteen. Im Landhaus seiner Eltern in Bad Fischau-Brunn, wo er einen Großteil der Freizeit verbrachte, unterhielt er ein kleines Glashaus mit hunderten seiner geliebten Sukkulenten. Er war Mitglied der Gesellschaft Österreichischer Kakteenfreunde (GÖK). Seine umfangreiche Kakteen-Sammlung ist heute im Besitz dieses Vereins.
Er liebte die Musik, vor allem jene der 60er Jahre, er kannte die Trogs und viele andere Gruppen, die heute fast in Vergessenheit geraten sind. Er sang und spielte Gitarre, am liebsten für sich allein in den eigenen vier Wänden. Auch die Fotographie zählte - zumindest in jungen Jahren - zu seinen Hobbys.
Von seiner philosophischen Einstellung her war Stefan Materialist und oftmals von erschreckender Nüchternheit.
Stefan war ständig hin und her gerissen zwischen fundiertem Gesundheitsbewusstsein (er hatte immerhin drei Semester Medizin studiert und fungierte auf unseren gemeinsamen Reisen als "Expeditionsarzt") und den Verführungen des Dolcefarniente in seinen krassesten Auswüchsen. Zumindest Coffein und Nikotin begleiteten ihn rund um die Uhr, solange ich ihn kannte (immerhin die Hälfte seines Lebens).
Das Jahr 2004 hätte eigentlich zum Jubeljahr für das Internationale Forschungsinstitut für Entomologie werden sollen. Ein neuer Abteilungsleiter wurde bestellt, der mit viel Enthusiasmus und Einfühlungsvermögen eine neue Epoche einläutete, und die Neugestaltung der Insekten-Schausammlung konnte nach fast 10-jähriger Planungsphase im November 2004 mit großem Erfolg abgeschlossen werden. Doch im August 2004 entdeckten Stefans Ärzte eine bösartige Gewebsveränderung im Bereich des Rippenfells. Diagnose: Krebs. Seitdem hing ein Damokles-Schwert über der Abteilung. Operativer Eingriff im Otto Wagner-Spital (Pulmologisches Zentrum) und Chemotherapie - alle Kollegen litten und hofften mit ihm. Im Februar 2005 kam Stefan noch einmal für zwei Tage an seine Dienststelle, er war guter Dinge und voller Zuversicht - aber geschwächt - zu geschwächt, um seine Arbeit wieder aufnehmen zu können. Damokles’ Schwert fiel am 20. April 2005, um 17 Uhr.

Liste der nach Stefan Schödl benannten Insekten-Arten
1. Amiserica schoedli AHRENS & PACHOLÁTKO, 2005 [Coleoptera: Scarabaeidae; Myanmar]
2. Anacaena schoedli KOMAREK, 2005 [Coleoptera: Hydrophilidae; Costa Rica]
3. Anginopachria schoedli WEWALKA, BALKE, HÁJEK & HENDRICH, 2005 [Coleoptera: Dytiscidae; Malaysia]
4. Bembidion schoedli TOLEDANO, 2005 [Coleoptera: Carabidae; China]
5. Broscosoma stefani SCIAKY & FACCHINI, 2005 [Coleoptera: Carabidae; China]
6. Chasmogenus schoedli SHORT, 2005 [Coleoptera: Hydrophilidae; Costa Rica]
7. Derarimus schoedli UHMANN, 1996 [Coleoptera: Anthicidae; Indonesien]
8. Derelomus schoedli RHEINHEIMER, 2005 [Coleoptera: Curculionidae; Saudi Arabien]
9. Gabrius schoedli SCHILLHAMMER, 1997 [Coleoptera: Staphylinidae; Sulawesi]
10. Graphelmis schoedli CIAMPOR, 2005 [Coleoptera: Elmidae; Philippinen]
11. Helochares schoedli HEBAUER, 1996 [Coleoptera: Hydrophilidae; Demokratische Rep. Kongo]
12. Hesperus schoedli SCHILLHAMMER, 2005 [Coleoptera: Staphylinidae; Nepal]
13. Heterocerus schodli [!] SKALICKÝ, 2002 [Coleoptera: Heteroceridae; Philippinen]
14. Heterocerus stefani SKALICKÝ, 2005 [Coleoptera: Heteroceridae; Indonesien]
15. Hydraena schoedli JÄCH, 1992 [Coleoptera: Hydraenidae; Türkei]
16. Hydraena stefani JÄCH & DÍAZ, 2005 [Coleoptera: Hydraenidae; China]
17. Hydrotrephes schoedli ZETTEL, 2004 [Hemiptera: Helotrephidae; Indonesien]
18. Hygrotus stefanschoedli FERY, SADEGHI & HOSSEINIE, 2005 [Coleoptera: Dytiscidae; Iran]
19. Hyphydrus schoedli WEWALKA & BISTRÖM, 1993 [Coleoptera: Dytiscidae; Indonesien]
20. Labaninus schoedli PELSUE, 2005 [Coleoptera: Curculionidae; India]
21. Laccobius schoedli GENTILI, 1996 [Coleoptera: Hydrophilidae; Philippinen]
22. Lacconectus schoedli BRANCUCCI, 2002 [Coleoptera: Dytiscidae; Indonesien (Sumatra)]
23. Leptaulax schoedli IWASE, 1998 [Coleoptera: Passalidae; Indonesien (Sumatra)]
24. Lesticus stefanschoedli KIRSCHENHOFER, 2005 [Coleoptera: Carabidae; Philippinen]
25. Microdytes schoedli WEWALKA, 1997 [Coleoptera: Dytiscidae; China]
26. Nebrioporus schoedli FERY, FRESNEDA & MILLÁN, 1996 [Coleoptera: Dytiscidae; Tunesien]
27. Neptosternus schoedli HENDRICH & BALKE, 1997 [Coleoptera: Dytiscidae; Indonesien]
28. Ochthebius schoedli JÄCH, 1999 [Coleoptera: Hydraenidae; Iran]
29. Pelthydrus schoedli SCHÖNMANN, 1994 [Coleoptera: Hydraenidae; Indonesien]
30. Rhagovelia schoedli ZETTEL, 1996 [Hemiptera: Veliidae; Philippinen]
31. Stalocoris schoedli ZETTEL, NIESER & POLHEMUS, 1999 [Hemiptera: Naucoridae; Philippinen]
32. Stiliderus schoedli ROUGEMONT, 1996 [Coleoptera: Staphylinidae; Indonesien (Sulawesi)]
33. Tannea schoedli IRMLER, 2005 [Coleoptera: Staphylinidae; Panama]


Liste der von Stefan Schödl neu beschriebenen Taxa
Taxa der Gattungs-Gruppe:
1. Hydrophilomima HANSEN & SCHÖDL, 1997 [17; Coleoptera: Hydrophilidae]
2. Tylomicrus SCHÖDL, 1995 [9; Coleoptera: Hydrophilidae]
Taxa der Art-Gruppe:
Coleoptera: Hydrophilidae:
1. Ametor elongatus JI & SCHÖDL, 1998 [24; China]
2. Berosus assamensis SCHÖDL, 1992 [2; Indien, Nepal]
3. Berosus birmensis SCHÖDL, 1992 [2; Myanmar]
4. Berosus brevilobus SCHÖDL, 1994 [5; Namibia, Sambia]
5. Berosus crassipes SCHÖDL, 1995 [8; Südafrika]
6. Berosus dibaphus SCHÖDL, 1995 [12; Tansania, Angola, Zimbabwe]
7. Berosus dinajpuricus SCHÖDL, 1992 [2; Indien, Bangladesh]
8. Berosus dunguensis SCHÖDL, 1994 [6; Afrotropische Region]
9. Berosus elongatulus philippinus SCHÖDL, 1992 [2; Philippinen]
10. Berosus fischeri SCHÖDL, 1993 [4; Ostpaläarktis]
11. Berosus hammondi SCHÖDL, 1994 [5; Angola, Botswana]
12. Berosus indiges SCHÖDL, 1992 [2; Malediven, Indien, Pakistan, Thailand]
13. Berosus jaechi SCHÖDL, 1991 [1; Mediterran]
14. Berosus madagascariniensis SCHÖDL, 1995 [12; Afrotropische Region]
15. Berosus manjarensis SCHÖDL, 1994 [5; Tansania]
16. Berosus margipallens SCHÖDL, 1992 [2; Myanmar]
17. Berosus maximiliani SCHÖDL, 1994 [6; Südafrika]
18. Berosus mucronatus SCHÖDL, 1994 [6; Ostafrika, Zimbabwe]
19. Berosus nigerianus SCHÖDL, 1994 [5; Westafrika]
20. Berosus nipponicus SCHÖDL, 1991 [1; China, Japan]
21. Berosus nudicollis SCHÖDL, 1994 [6; Madagaskar, Seychellen]
22. Berosus obesus SCHÖDL, 1995 [8; Südafrika]
23. Berosus problematicus SCHÖDL, 1993 [3; Ägypten, Jemen, Iran]
24. Berosus schillhammeri SCHÖDL, 1997 [18; Laos]
25. Berosus siamensis SCHÖDL, 1992 [2; Südostasien]
26. Berosus uhligi SCHÖDL, 1997 [19; Namibia]
27. Berosus vietnamensis SCHÖDL, 1997 [18; Vietnam]
28. Berosus wewalkai SCHÖDL, 1994 [5; Afrotropische Region]
29. Enochrus turanicus SCHÖDL, 1998 [23; Iran, Turkmenistan]
30. Hydrocassis anhuiensis JI & SCHÖDL, 1998 [24; China]
31. Hydrocassis baoshanensis SCHÖDL & JI, 1995 [11; China]
32. Hydrocassis hebaueri SCHÖDL, 2000 [26; Laos]
33. Hydrocassis metasternalis SCHÖDL & JI, 1995 [11; China]
34. Hydrocassis pseudoscapha JI & SCHÖDL, 1998 [24; China]
35. Hydrocassis schillhammeri SCHÖDL & JI, 1995 [11; China]
36. Hydrocassis sichuana JI & SCHÖDL, 1998 [24; China]
37. Hydrocassis uncinata JI & SCHÖDL, 1998 [24; China, Laos]
38. Hydrophilomima jaechi HANSEN & SCHÖDL, 1997 [17; Thailand, Vietnam]
39. Hydrophilomima vietnamica HANSEN & SCHÖDL, 1997 [17; Vietnam]
40. Hydrophilomima yunnanensis HANSEN & SCHÖDL, 1997 [17; China]
41. Tylomicrus costatus SCHÖDL, 1995 [8; Malaysia]
Hymenoptera: Formicidae:
1. Lasius austriacus SCHLICK-STEINER, STEINER, SCHÖDL & SEIFERT, 2003 [28; Österreich, Tschechien]
2. Meranoplus biliran SCHÖDL, 1998 [22; Philippinen]
3. Meranoplus birmanus SCHÖDL, 1999 [25; Myanmar]
4. Meranoplus boltoni SCHÖDL, 1998 [22; Sri Lanka]
5. Meranoplus borneensis SCHÖDL, 1998 [22; Borneo]
6. Meranoplus loebli SCHÖDL, 1998 [22; Sri Lanka]
7. Meranoplus malaysianus SCHÖDL, 1998 [22; Malaysia, Indonesien]
8. Meranoplus montanus SCHÖDL, 1998 [22; Borneo]
9. Meranoplus nepalensis SCHÖDL, 1998 [22; Nepal]

Stefan Schödls größere entomologische Reisen
Jugoslawien, Makedonien, Griechenland, Türkei (1988 mit M.A. Jäch, M. Madl).
Malaysia, Thailand (I. Schödl).
Indonesien (Java, Ambon, Seram) (1989 mit M.A. Jäch, H. Schillhammer).
Türkei (Pontus) (1989 mit M.A. Jäch, M. Madl, H. Schillhammer, H. Schönmann).
Indonesien (Sumatra, Nias) (1990 mit M.A. Jäch, H. Schillhammer).
Türkei (1990 mit I. Schödl).
Indonesien (Sumatra, Siberut) (1991 mit M.A. Jäch, H. Schillhammer).
Türkei (Westtaurus) (1991 mit M.A. Jäch, M. Madl, H. Schillhammer, H. Schönmann).
Tunesien (1991 mit I. Schödl).
Indonesien (Bali, Sulawesi) (1992 mit M.A. Jäch).
Philippinen (Negros, Panay, Palawan, Mindoro) (1994 mit H. Zettel).
Philippinen (Luzon) (1995 mit H. Zettel).
Seychellen (1996 mit M. Madl).
Iran (Fars) (1997 mit H. Zettel).
Philippinen (Samar, Leyte, Dinagat, Hikdop).
Mindanao) (2000 mit H. Zettel).
aus M. A. Jäch, 2005, Koleopterologische Rundschau 75: 389-400.



Dr. Stefan Schödl +
Es ist für alle Kollegen noch schwer fassbar: Stefan Schödl ist tot.
Unser Kollege und Freund erlag am 20. April 2005 im 48. Lebensjahr seiner schweren Erkrankung.
Stefan wurde im August 2004 nach Atemproblemen ins Krankenhaus eingeliefert, wo man eine weit fortgeschrittene Krebserkrankung des Rippenfells diagnostizierte. Die A folgenden Monate waren für ihn geprägt durch chirurgische Eingriffe, Chemo- und Strahlentherapien. Es war ein Weg der Leiden, zwischen ärgstn Befürchtungen undl etzten Hoffnungen. Die Kollegenschaft konnte-oder brauchte-daran nur wenig Anteil nehmen; Stefans heldenhafter Optimismus während Besuchen und Telefonaten, aber auch seine ganz typische liebenswürdig- grantelnde Art hielt uns - je nach dem - im Unklaren oder auf Distanz. Umso schlimmer war der Schock als es im April hieß, es sei aussichtslos, als er wenig später verstarb.
Stefan war nicht nur Redakteur der Annalen des Naturhistorischen Museums (2001-2005). Seine "multiple" Arbeit in verschiedensten Bereichen der Entomologie und Museologie machten ihn zu einem weltweit anerkannten Wissenschafter und geschätzten Kollegen. Zu seinen Ehren erscheint heuer ein Widmungsband der Koleopterologischen Rundschau (Band 75) und nächstes Jahr ein Gedenkband der Myrmecologischen Nachrichten (Band 8), wo besonders seine Leistungen in den Fachgebieten der Koleopterologie bzw. der Myrmekologie entsprechende Würdigung erfahren werden. Dieser Nachruf ist daher besonders eine Biographie des "Museumsmenschen".
Stefan Schödl wurde am 29. April 1957 in Sandviken, Schweden, geboren. Die ersten beiden Schuljahre absolvierte er noch in Schweden (in Storvik), ehe die Eltern mit den Kindern nach Wien in die Landstraßer Hauptstraße zogen. In Wien schloss Stefan Schödl die Volksschule (1967) und anschließend das Gymnasium ab (Bundesgymnasium III). Er maturierte im Juni 1976. Nach dem Militärdienst immatrikulierte er an der Universität Wien (1979), begann zuerst mit dem Studium der Medizin, beschloss jedoch bald, Biologe zu werden. Das Biologiestudium belegte er mit dem Hauptfach Zoologie und dem Nebenfach Botanik.
Während der Studienzeit begann sich Stefan Schödl mehr und mehr für Insekten zu interessieren. 1988 entschloss er sich schließlich zu einer Dissertation mit entomologisch-taxonomischem Schwerpunkt. Sein Doktorvater war der weltbekannte Braconiden-Spezialist HR Univ.-Doz. Dr. Maximilian Fischer, damals Direktor der 2. Zoologischen Abteilung, und so kam Schödl an das Naturhistorische Museum in Wien. Seine Dissertation über die Wasserkäfer (Hydrophilidae) der Gattung Berosus in der Alten Welt wurde aber vorwiegend von Dr. Manfred A. Jäch betreut, der hier die Wasserkäfersammlung leitet und wissenschaftlich bearbeitet. Unter dessen fachlicher Anleitung entwickelte sich Schödl zu jenem akribisch genau arbeitenden Taxonomen, der er bis zuletzt war. Die Exaktheit seiner Arbeiten führte schnell zu interessanten Ergebnissen: So entdeckte er z.B. die Zwillingsart Berosus geminus wieder, eine in Mitteleuropa häufige Art, die viele Jahrzehnte lang von zahlreichen Käferforschern mit B. signaticollis verwechselt worden war. 1993 schloss Stefan Schödl seine umfangreiche Doktorarbeit ab, von der zu diesem Zeitpunkt schon wesentliche Teile in der Koleopterologischen Rundschau publiziert worden waren. Am 27. Januar 1994 promovierte er zum Doktor der Philosophie.
Während dieser Zeit am Museum schloss sich Stefan Schödl bereits zahlreichen Forschungsexpeditionen der entomologischen Abteilung des NHMW an. Mehrere, v.a. koleopterologisch orientierte, Reisen führten ihn u.a. in die Türkei und in den Iran, nach Malaysien, Indonesien und auf die Philippinen. Das umfangreiche Insektenmaterial, welches er während dieser und später folgender Expeditionen sammelte, enthielt zahlreiche vorher unbekannte Spezies. Einige davon wurden ihm zu Ehren benannt (mehr dazu siehe JÄCH 2005). Der Taxonomie der Hydrophilidae blieb Schödl bis zuletzt verbunden, wie mehrere seiner späteren Publikationen bezeugen.
Am 17. Juli 1995 wurde Stefan Schödl zum Kurator der Hymenopterensammlung am Naturhistorischen Museum berufen. Die Direktion des Hauses stellte nicht nur seine taxonomische Ausbildung und Begabung über seine damalige Unerfahrenheit mit Hautflüglern, sie schätzte insbesonders die von ihm vorgelegten Konzepte für eine Umgestaltung des Insektenschausaales. Unter den Hymenopteren waren es sofort die Ameisen, die Schödls Interesse erweckten, - und er plante zu allererst seinen Einstieg in die Myrmekologie in der für ihn typischen rationalen Weise: Er diskutierte lange mit mehreren Fachkapazitäten, welche Projekte er angehen könnte, ehe er sich für die Gattung Metanoplus entschied. Mit großer Genauigkeit verfasste er eine Revision der orientalischen Arten, die bereits 1998 veröffentlicht wurde . Danach ging er die Arten der Australis an, ein Projekt, welches ihm wegen der großen Anzahl von "Sibling Spezies" außerordentliche Mühe bereitete. Mit besonderer Gründlichkeit untersuchte er Arten und Artenkomplexe immer wieder, mit zusätzlichen Merkmalen und Messungen, um zu endgültigen Schlussfolgerungen zu gelangen. Nur ein kleiner Teil dieser Ergebnisse ist - exzellent erarbeitet - in einem Ehrenband für den größten Myrmekologen unserer Zeit, E.O. Wilson, posthum erschienen.
Die Werke bedeutender Biologen wie Wilson, Hölldobler oder Mayr waren nicht nur für den Biologen, sondern auch für den Menschen Stefan Schödl bedeutsam. Das Studium philosophisch-biologischer Texte gehörte zu seinen größten Vergnügungen.
Im Jahre 1999 gründete Stefan Schödl gemeinsam mit anderen Kollegen der entomologischen Abteilung des NHMW und weiteren engagierten Insektenforschern aus ganz Österreich die Österreichische Gesellschaft für Entomofaunistik (ÖGEF) mit Sitz am NHMW. Als Gründungsmitglied, Vereinskassier (1999-2002) und Mitglied des Redaktionskomitees der Beiträge zur Entomofaunistik (1999-2005) hatte er am Entstehen und Erfolg der Gesellschaft großen Anteil. Es ist besonders Stefan Schödls Engagement zu verdanken, dass nach derAuflösung der Österreichischen Gesellschaft für Ameisenkunde im Jahre 2003 die ÖGEF die Fortführung der Myrmecologischen Nachrichten übernahm. Diese Fachzeitschrift lag ihm ganz besonders am Herzen - mit ihrer Schriftleitung war er bereits 1999 betraut worden. Er erledigte zahlreiche Aufgaben noch vom Krankenbett aus und seine letzte Korrespondenz für Band 7 sogar acht Tage vor seinem Ableben.
Der bedeutendste Beitrag Stefan Schödls zur Erforschung der österreichischen Fauna ist zweifellos seine Mitarbeit an der Roten Liste de rAmeisen Niederösterreichs. Sie ist vermutlich die gründlichste Arbeit, die je in diesem Fachgebiet über Insekten verfasst worden ist, basiert sie doch auf über 60.000 von den Autoren bestimmten Exemplaren, die von über 1.200 Fundorten stammen. Verdientermaßen erntete die Studie großes Lob im In- und Ausland (ZETTEL 2003, CHERIX 2004). "Ganz nebenbei" wurde im Laufe der Untersuchungen noch die neue Spezies Lasius austriacus entdeckt.
Die Feldarbeiten der letzten beiden Jahre waren jedoch vermehrt den geflügelten Stechimmen, besonders den Bienen, gewidmet. Seine Begeisterung für das neue Thema Wildbienen veranlasste Stefan Schödl auch, gemeinsam mit mehreren Kollegen eine Fachtagung am NHMW zu veranstalten, welche sicher allen Teilnehmern lange Zeit in positiver Erinnerung bleiben wird.
Als gewissenhafter Kurator vergrößerte Stefan Schödl die Hymenopteren-Sammlung in nur zehn Jahren enorm. Besonders die Ameisensammlung, die trotz ihrer internationalen Bedeutung - sie enthält zahlreiches historisches Typenmaterial - lange Zeit weitgehend unbeachtet blieb, wurde durch neue Aufsammlungen, Erwerbungen und Tausch mit Fachkollegen stark erweitert. Neben der Trockenpräparatesammlung wurde eine umfangreiche Sammlung alkoholkonservierter Ameisen praktisch neu aufgebaut. Schödls myrmekologische Aktivitäten hatten auch den positiven Nebeneffekt, dass zahlreiche Spezialisten aus aller Welt die Ameisensammlung des NHMW verstärkt in ihre Studien miteinbezogen.
Zu den vielen Aufgaben, welche Stefan Schödl für das NHMW erledigte, gehörten auch redaktionelle Tätigkeiten. Von 2001 bis 2005 war er Redakteur der Annalen (Serie B) und redigierte zahlreiche entomologische Arbeiten. Bewundernswert war hier vor allem die Geduld, mit der er die eingereichten Manuskripte bis zur Drucklegung betreute.
Schließlich war Schödl schon von Beginn seiner Anstellung an, wesentlich verstärkt jedoch erst seit Übernahme der Abteilungsdirektion durch Dr. Martin Lödl (2003) mit der Konzeption des neuen Insektenschausaales befasst. Wenngleich Schödl an der endgültigen Gestaltung wegen seiner Krankheit nur mehr wenig mitarbeiten konnte, so sind doch viele seiner Ideen verwirklicht worden. Die Fertigstellung des Saales im November 2004 gehört daher zu den Höhepunkten seiner beruflichen Laufbahn.
Als Kollege war Stefan sehr verlässlich, leicht für die richtige Sache zu begeistern und aufgrund seiner Klugheit, Bildung und fachlichen Kompetenzen ein guter Ratgeber. Sein häufiges Granteln war so sehr zu seinem Markenzeichen geworden, dass er es zuweilen selbst karikierte. Stefan war allen Kollegen gegenüber - von der Reinigungsdame bis zum Generaldirektor- sehr kritisch, hatte jedoch durchaus Verständnis für menschliche Schwächen. Entsprechend war seine Kritik oft scharf, aber nie laut oder überzogen. Weil ihm Unehrlichkeit, Intrige und Spott völlig fremd waren, war er sogar bei jenen Kollegen geschätzt und beliebt, die zeitweise "Opfer" seiner Kritik wurden. Andererseits litt er persönlich stärker als andere unter solchen Missständen, die seiner Meinung nach leicht zu beheben gewesen wären und doch nicht wurden. Die allerhöchsten Maßstäbe legte er- selbstverständlich - auch bei sich selbst an. Dass sein wissenschaftliches Opus verhältnismäßig wenig umfangreich geblieben ist, liegt besonders in der Sorgfalt seiner Forschung und ist Folge der Selbstkritik, der er sich ständig unterwarf.
Auch außerhalb seiner Arbeit war Stefan ein ruhiger und nachdenklicher Mensch. Er liebte es, die Wochenenden mit Gartenarbeit in Bad Fischau zu verbringen, besonders mit Aufzucht und Pflege seiner Kakteensammlung. Unter den vielen, die um Stefan trauern, gilt unser besonderes Mitgefühl seiner Familie, besonders seinem zwölfjährigen Sohn Sebastian, und seiner geliebten Lebensgefährtin Christine Moser. Wir alle werden ihn nicht vergessen!
Zitierte Arbeiten:siehe im Original!
Publikationsliste von Stefan Schödl: siehe im Original!
aus Zettel H., 2005: Dr. Stefan Schödl +. - Ann. Naturhist. Mus. Wien 106 B: 5-10.

Nachruf Dr. Stefan Schödl (aus Annalen Naturhistorisches Museum Wien, 2005)
Nachruf Stefan Schödl (aus Koleopterologische Rundschau, 2005)
Nachruf Stefan Schödl (aus Beiträge zur Entomofaunistik, Bd. 6)
Verstorbene Mitglieder der Entomologischen Arbeitsgemeinschaft 2003-2012 (aus Beitr. Naturk. Oberösterreichs 23/1)

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